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Kultur: Jesus und alle seine Freunde Die Band Oomph wird vom „Echo“ verbannt

Eine schwarze Mercedes-Limousine rollt in eine finstere Gasse, zwei Gestalten in dunklen Business-Anzügen steigen aus und ziehen einen Penner aus dem Müllhaufen, der im Scheinwerferlicht als pittoreskes Lumpengebilde an das Elend der Elenden erinnert. Die verwahrloste Figur sieht Jesus auffallend ähnlich.

Eine schwarze Mercedes-Limousine rollt in eine finstere Gasse, zwei Gestalten in dunklen Business-Anzügen steigen aus und ziehen einen Penner aus dem Müllhaufen, der im Scheinwerferlicht als pittoreskes Lumpengebilde an das Elend der Elenden erinnert. Die verwahrloste Figur sieht Jesus auffallend ähnlich. Und tatsächlich hört man aus dem Off dieses Musikvideos auch einen Chor das „Vater unser“ herunterbeten (ohne allerdings die Zeile: „wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“).

So beginnt „Gott ist ein Popstar“, der aktuelle Hit der niedersächsischen Gothic-Punkband Oomph. Seit Wochen sorgt er für Diskussionen. Der WDR-Jugendsender „Eins Live“ spielt ihn nicht, weil er religiöse Gefühle verletzen könnte, auch anderen Radiostationen ist er zu heiß. Trotzdem sollte das Wolfsburger Trio, dessen Musik in den Fußstapfen von Rammstein donnert, schwitzt und dröhnt, „Gott ist ein Popstar“ am 12. März bei der 15. Verleihung des Deutschen Musikpreises „Echo“ singen. Doch es kam anders. Oomph ist wieder ausgeladen worden. Wie RTL als Veranstalter der von der Deutschen Phonoindustrie gestifteten Auszeichnung mitteilte, sei eine Aufführung des Songs „im Kontext der aktuellen, internationalen religiösen Diskussionen nicht zu verantworten“. Da fragt man sich, was die Herren Popmanager sich dabei gedacht haben, die Band vorher einzuladen.

Der Fall wiegt schwer. Eigentlich müssten sich Echo-Teilnehmer wie Xavier Naidoo, Seeed, Sasha oder Rosenstolz angesichts dieser rüden Verbannung veranlasst sehen, die Veranstaltung zu boykottieren. Ob man den Song mag oder nicht, steht dabei nicht zur Debatte. „Gott ist ein Popstar“ arbeitet mit polemischen Schauereffekten, zeigt in seiner Videofassung, wie aus dem obdachlosen Dropout ein adrett-frisiertes Medienmodel gemacht wird. „Ich geb euch Liebe, ich geb euch Hoffnung“, heißt es dazu, „doch nur zum Schein, denn die Massen wollen betrogen sein.“

Mit einer Verunglimpfung des Christentums hat dieses Szenario nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, sich nicht von Erlösungsvisionen einfangen zu lassen. Wobei es in der Natur des Pop liegt, dass solche Botschaften einen ironischen Nachklang haben. Was ist ein Musikpreis wert, der das nicht berücksichtigt?

In seiner vermeintlichen Toleranz erweist sich der Echo als guter Verbündeter des tschechischen Bistums Brünn. Das nämlich hat die Aufführung der Musik Gustav Mahlers in seinen Räumen untersagt. Dessen Werke seien „nicht Gott lobend genug“, um in der Kirche von Iglau, wo seit September 2000 regelmäßig Mahler-Konzerte stattfinden, gespielt zu werden. Grund für das Verbot sei ein Vatikanerlass von 1987, nach dem nur „Gott lobende“ Musik in Kirchen gespielt werden dürfe. Wer hätte gedacht, dass sich auch die deutsche Pop-Branche an päpstliche Erlasse gebunden fühlt.

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