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Publizistin Lea Rosh (l-r), Birgit Blass-Simmen, Vorsitzende des Kaiser Friedrich Museumsvereins und Architekt Thomas Albrecht vor der Erinnerungstafel in der Gemäldegalerie.

© Annette Riedl/dpa

Jüdische Berliner Mäzene: Erinnerung an Johanna und Eduard Arnhold

Erinnerung, die wir schuldig sind: In der Gemäldegalerie wurde vieler jüdischer Unterstützer des Museums nicht gedacht. Jetzt wird an sie erinnert.

Es fing damit an, dass wir in der Rotunde der Gemäldegalerie standen, vor dem Eingang zum Botticelli-Saal. Hinter uns eine eindrucksvolle Wand. Mit vielen, mehr als 160 Namen. Es sind in goldfarbenen Buchstaben die Namen der Mäzene, die sich seit Beginn der Sammlung im frühen 19. Jahrhundert bis heute für die Gemäldegalerie engagiert haben.

Die 1. Spalte beginnt 1832. Wir kommen sehr schnell zu James Simon, 1885. Er hat drei Zeilen, die meisten Mäzene haben nur eine Zeile. Wir lesen bei Simon: seit 1896 Mitglied im Kaiser Friedrich Museumsverein. Warum suchten wir nach James Simon? Natürlich! Nofretete!

Er hat sie nicht selbst ausgebuddelt. Aber sie wurde bei einer von ihm finanzierten Grabung gefunden und den Berliner Museen als Geschenk übereignet. Sie ist damals wie heute für viele die größte Attraktion der Berliner Museen.

Bürgerinitiative sorgte für Gedenken an James Simon

James Simon gilt als der bedeutendste unter den Mäzenen der Berliner Museen. Natürlich haben die Nazis das Gedenken auch an diesen jüdischen Kunstmäzen schleifen wollen. Einer hartnäckigen Bürgerinitiative um den Galeristen Bernd Schultz und den Rechtsanwalt Peter Raue ist es zu verdanken, dass an Simon nun auf der Museumsinsel eine nach ihm benannte Galerie sowie ein naheliegender kleiner Park mit Infotafeln erinnert.

Aber wo ist Eduard Arnhold? Wo sind Johanna und Eduard Arnhold? Sie sind nicht genannt. Dabei war Arnhold ein ebenbürtiger Mäzen. Simon selbst hat das gesagt. Auch Arnhold schenkte den Berliner Museen Gemälde, er unterstützte den Ankauf vieler Kunstwerke, engagierte sich karikativ und förderte die Wissenschaften.

1913 schenkte er dem preußischen Staat die Villa Massimo in Rom, als Kulturakademie. Seine Frau Johanna stiftete das größte Waisenhaus und eine Erziehungsstätte für Mädchen aus ärmsten Verhältnissen, das einstige „Johannaheim“ bei Werneuchen. Also: Warum wurden die Arnholds nicht geehrt? Niemand konnte uns das beantworten. Das musste geändert werden. Auch wir sind hartnäckig.

Erinnerung an von den Nazis vertriebene Persönlichkeiten aus dem jüdischen Bürgertum

Zuerst stifteten wir dem Kaiser Friedrich Museumsverein eine Broschüre: „Der Kaiser Friedrich Museumsverein und seine ehemaligen jüdischen Mitglieder/ Mitglieder jüdischer Herkunft“. Es sind mehr als 70 Persönlichkeiten. Sie schufen den Reichtum des Vereins, der 1897 von Wilhelm von Bode mit Unterstützung von Arnhold und Simon sowie deren Freunden gegründet wurde und etwa 120 Mitglieder zählte.

Und wir initiierten eine Tafel in der Gemäldegalerie, die nun rechts vom Eingang an die von den Nazis vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitglieder des Vereins erinnert. Eine gleichlautende Tafel befindet sich jetzt auch im Eingangsbereich des Bode-Museums.

Dabei haben zum Schluss viele mitgeholfen: im Verein, im Museum. Und es wurde eine bürgerschaftliche Initiative zur Erinnerung an Johanna und Eduard Arnhold gegründet. Sie sollen eine Ehrung auf dem Platz vor der Gemäldegalerie bekommen, und mit ihnen viele Persönlichkeiten aus dem jüdischen Bürgertum, die dort im Tiergartenviertel gelebt und gewirkt haben. Diese Initiative wird inzwischen von vielen unterstützt, von Daniel Barenboim über Hetty Berg und Herta Müller bis Rudolf Zwirner.

Wenn ich daran denke, kann ich nun ruhiger schlafen. Die Nazi-Verbrechen sind nicht zu vergeben. Die Opfer sind nicht zu vergessen. Diese Erinnerungen sind wir ihnen, aber auch uns selbst, schuldig.

Lea Rosh

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