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Kultur: Jürgen Trittin: Interview: "Man kann nicht alles bei Trittin abladen"

Michael Müller (52) ist SPD-Bundestagsabgeordneter und Umweltexperte. Er wurde 1998 für das Amt des Umweltministers gehandelt.

Michael Müller (52) ist SPD-Bundestagsabgeordneter und Umweltexperte. Er wurde 1998 für das Amt des Umweltministers gehandelt.

Herr Müller, Schröder hat Umweltminister Trittin als "Risiko" bezeichnet. Sehen Sie das auch so?

Glücklich war die Debatte der letzten Tage jedenfalls nicht. Aber das will ich nicht einseitig nur auf Trittin beziehen. Dessen Bewertung von Herrn Meyer war daneben, aber noch mehr bin ich erschrocken über das, was sich daraus in den Debatten des konservativen Lagers entwickelt. Dem ist offenkundig jede inhaltliche Orientierung verloren gegangen.

Was werfen Sie den Konservativen vor?

Ich glaube, dass die Art und Weise, wie über das in Deutschland auch historisch stets schwierige Thema Patriotismus und Tradition derzeit debattiert wird, mehr die Demagogie allerschlechtester Stammtische ist als eine gerade in dieser Frage gebotene sorgfältige Auseinandersetzung. Zumal vor dem Hintergrund der Missverständnisse, die eine solche Debatte national und international auslösen kann.

Noch einmal zu Trittin: Meinen Sie, er bringt in der Koalition die Statik ins Wanken?

Nein. Das Ganze ist eher der Ausdruck eines hochgeschaukelten, dadurch unangemessen zugespitzten Konfliktes. Man kann das nicht alles bei Trittin abladen. Durch die Steigerung der rhetorischen Dosis seit dem Schwarzgeldskandal der CDU findet in demagogischer Form eine Entpolitisierung statt, die um so bedauerlicher ist, als wir vor gewaltigen Herausforderungen stehen. Die Union ist in einer noch tieferen Orientierungskrise, als man landläufig meint.

Glauben Sie, Trittin muss zurücktreten?

Nein, das glaube ich nicht, aber ich finde, es wäre besser gewesen, wenn er sich direkt entschuldigt hätte. Es ist auch ärgerlich, dass so jemand wie Laurenz Meyer, der selbst mit freundlichem Gesicht die größten Unverschämtheiten erzählt, jetzt in die Rolle des Getretenen kommt.

Wieso hat Schröder ihn überhaupt zum Umweltminister gemacht? Er wusste ja, worauf er sich einlässt.

Na, man darf auch nicht vergessen, dass Trittin als Umweltminister auch viel zur Stabilität der Koalition beigetragen hat. Er hat schon eine erhebliche Bindungswirkung nach innen und in Bezug auf bestimmte Spektren nach außen ...

nämlich die Linken ...

und nicht nur die. Ich bin gar nicht immer sicher, was bei Grünen links ist. Nein, man kann eben die Gesellschaft nicht stromlinienförmig auf eine vorherrschende Meinung reduzieren. Unsere Demokratie lebt gerade von der lebendigen Auseinandersetzung. Leider ist die Opposition dafür derzeit nicht richtig zu gebrauchen.

Und die FDP?

Die spielt eine ganz fatale Rolle. Sie müsste eigentlich als liberale Kraft wirken, aber sie wirkt nur als Scharfmacher. Man muss nur auf den Knopf "Grün" drücken, und schon springt der Herr Westerwelle wie ein wildgewordenes Männchen an.

Das ganze Thema des Nationalen ist bei uns eben emotional aufgeladen.

Ja, deshalb muss man eine sehr sorgfältige Debatte führen. Die Diskussion der letzten Tage ist nicht hilfreich. Sie führt ganz schnell auf abschüssige Gleise.

Herr Müller[Schröder hat Umweltminister]

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