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Kultur: Jung und jünger

Das Ensemble Modern Orchestra im Konzerthaus

Musik von 1928, sollte man denken, wirkt heute vertraut, nachvollziehbar, auf keinen Fall mehr „modern“. Doch welch komplexe Herausforderung die Orchestervariationen opus 31 von Arnold Schönberg immer noch sind, das zeigt jetzt Peter Eötvös als (für Pierre Boulez eingesprungener) Dirigent des Ensemble Modern Orchestra. Dass es im Konzerthaus am rhythmischen Schliff fehlte, wurde ausgeglichen durch eine Lebendigkeit, in der noch der frühe Expressionismus zuckte. An dessen Unmittelbares knüpfen auch drei lebende Komponisten an, deren Auftragswerke für das Ensemble Modern neben Schönberg verblüffend eingängig klingen, im Fall von Bruno Mantovani harmlos. Dieser 36-jährige Franzose folgt in „Postludium“ trivialer Kinodramatik beim Durchqueren organischer Klangbiotope.

Jens Joneleit (Jahrgang 1968) macht es einem nicht so einfach mit wechselnden, meist statischen und widerborstigen Aggregatzuständen, deren letzter dem Stampfen einer schweren alten Eisenmaschine gleicht und so etwas wie Romantik evoziert: Was dem 19. Jahrhundert die Hornrufe abgewrackter Postkutschen waren, sind uns die Echos der Industrieruinen. Derweil beruft sich Johannes Maria Staud, 1974 geboren, auf die genial verästelte Prosa des Kafka-Zeitgenossen Bruno Schulz und ist ihr mit subtil prägnanten Klangerfindungen gewachsen. In hochintelligenter „zweiter Naivität“ entwickelt „Contrebande“, stark umjubelt, einen weiten Horizont, an dem allerdings auch schon der jüngste Komponist des Abends steht: Mit 35 Jahren schrieb Schönberg fünf Orchesterstücke, die mitunter so weit in unsere Zeit ragen, als hätte Arnold auf uns gewartet. Volker Hagedorn

Volker Hagedorn

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