zum Hauptinhalt
Lotte Reiniger begeisterte das Publikum mit Figuren aus ihrem Trickfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“.

© Stadtmuseum Tübingen

Käthe-Kollwitz-Museum Berlin: Zwei Künstlerinnen starteten in den 20ern durch – und mussten dann ins Exil

Tanz, Theater, Filmkunst: Die 20er Jahre beflügelten den Geist von Lotte Jacobi und Lotte Reiniger. Eine Ausstellung widmet sich nun ihren kreativen Höhepunkten.

Lotte Jacobi und Lotte Reiniger teilten ein gemeinsames Schicksal: Beide waren in der Weimarer Republik erfolgreiche Künstlerinnen in Berlin – Jacobi als Fotografin und Reiniger als Trickfilmpionierin. Beide verließen das Land nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, als die Verfolgung und Unterdrückung von jüdischen Menschen und widerständigen Künstler:innen zunahm.

Erstmals treffen ihre Werke nun im Käthe-Kollwitz-Museum aufeinander, kuratiert von Neslihan Aslan unter dem Motto „Zwischen Erfolg und Exil“. Die beiden Künstlerinnen waren Zeitgenossinnen von Kollwitz.

Reiniger arbeitete für ihre Werbe- und Trickfilme mit Papier. Mit der Schere schnitt sie ihre Figuren zurecht. Die Scherenschnitte leuchtete sie dann auf einem Tricktisch aus, mit der darüber befestigten Kamera fotografierte sie jede einzelne arrangierte Bewegung.

Mit „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ schuf Reiniger 1926 den ersten abendfüllenden Trickfilm und kam damit Walt Disney zuvor. Sie schrieb Filmgeschichte, die Premiere in Berlin und Paris wurden gefeiert.

In dem aus rund 96.000 Einzelaufnahmen bestehenden Film erlebte das Publikum Kämpfe mit Monstern, Verwandlungen und Liebesdramen, inspiriert von Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht“. Kritiker und Publikum waren begeistert von dem Film, den die Künstlerin zwischen 1923 und 1926 produzierte. Ihr Name geriet trotzdem in Vergessenheit.

Jacobi und Reiniger teilten die Liebe zum Theater

Besucher:innen können nun in der Ausstellung Reinigers Filme und Scherenschnitte sehen. Häufig handelt es sich um schwarze Figuren auf Papier. Ein besonders beliebtes Motiv: Tänzerinnen und Tänzer. Ihre Bewegungen hatte sie über Jahre auf den Berliner Tanz- und Theaterbühnen studiert.

Lotte Jacobi entstammt aus einer Fotografenfamilie.
Lotte Jacobi entstammt aus einer Fotografenfamilie.

© Berlinische Galerie

Die Liebe zum Theater teilte die Trickfilmerin mit der jüdischen Fotografin Lotte Jacobi. Von ihr sind in der Ausstellung Porträts berühmter Künstler:innen zu sehen, die sie im Auftrag von Magazinen und Zeitungen machte.

Lotte Jacobi hat berühmte Persönlichkeiten porträtiert, wie hier die Künstlerin Käthe Kollwitz im Jahre 1929.
Lotte Jacobi hat berühmte Persönlichkeiten porträtiert, wie hier die Künstlerin Käthe Kollwitz im Jahre 1929.

© Jüdisches Museum

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Mehrere Trickfilme kann Lotte Reiniger zu ihrem Lebenswerk zählen, unter anderem „Harlekin“.
Mehrere Trickfilme kann Lotte Reiniger zu ihrem Lebenswerk zählen, unter anderem „Harlekin“.

© Stadtmuseum Tübingen

Dazu zählen Max Liebermann, Käthe Kollwitz, Lotte Lenya, Egon Erwin Kisch und – später, im US-amerikanischen Exil – auch der Physiker Albert Einstein in Princeton, New Jersey. Jacobis Fotostudio, das sie vom Vater geerbt hatte, lag in der Joachimsthaler Straße zwischen dem Bahnhof Zoo und Kurfürstendamm.

In der Weimarer Republik gab es Freiräume

Ähnlich wie die Trickfilmpionierin Reiniger porträtierte Jacobi mit Vorliebe Tänzer:innen, darunter Claire Buroff als Silhouette. Die Tänzerin wirkt wie bei der Landung nach einem Sprung: Das linke Bein ist ausgestreckt, das rechte stark nach hinten angewinkelt, die eingedrehten Arme suggerieren viel Energie in der Hüfte.

Für ihre Trickfilme hat Lotte Reiniger mit Scherenschnitten gearbeitet.
Für ihre Trickfilme hat Lotte Reiniger mit Scherenschnitten gearbeitet.

© Stadtmuseum Tübingen

Die Stärke der Ausstellung „Zwischen Erfolg und Exil“ besteht im Blick auf die blühende Kultur der Zwischenkriegszeit: Tanz, Theater und Filmkunst der 20er Jahre beflügelten Lotte Jacobi und Lotte Reiniger. 

Dieser Scherenschnitt von Lotte Reiniger ist vermutlich eine Vorarbeit für einen Film, der nie realisiert wurde.
Dieser Scherenschnitt von Lotte Reiniger ist vermutlich eine Vorarbeit für einen Film, der nie realisiert wurde.

© Stadtmuseum Tübingen

Die nur kurz weilende Freiheit in der Weimarer Republik ermöglichte den künstlerischen und kommerziellen Erfolg von Frauen, ließ Jacobis und Reinigers Kunst sich entfalten.

Eigentlich hätte die Trickfilmpionierin Reiniger eine eigene Ausstellung verdient. Neben ihren fantastisch angehauchten Scherenschnitten, Filmen und Vorarbeiten wirken Jacobis Porträtfotos fast schon ein wenig blass.

Käthe-Kollwitz-Museum Berlin, Fasanenstr. 24, bis 20.3.; tögl. 11 - 16 Uhr. Tickets und Infos unter diesem Link.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false