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Kultur: Kaiser, dein Name sei Wilhelm

Der piekfeine „Kaisersaal“, jüngst renoviertes Relikt des Berliner Hotels Esplanade, wäre seine Sache nie gewesen – der Gastwirt Wilhelm Kaiser, von seinen Freunden Kaiser Wilhelm genannt, sorgt in seinen „Kaiserstuben“ lieber für Urberliner Kneipengemütlichkeit mit Molle und Korn, Bulette und Solei und, nicht zuletzt, mit Rat und Tat für seine Gäste. Drei Jahre nach dem Mauerbau war es, als Horst Pillau erstmals ins Rampenlicht trat und den Blick zurück lenkte in ein ungeteiltes Berlin, das einen Überlebenskampf zu bestehen hatte: „Der Kaiser vom Alexanderplatz“, 1964 im Hebbel-Theater uraufgeführt, wurde der erste große Erfolg des Autors, sozusagen sein Meisterstück, nachdem er vier Jahre zuvor in Zusammenarbeit mit Curth Flatow sein Gesellenstück „Fenster zum Flur“ vorgelegt hatte.

Der piekfeine „Kaisersaal“, jüngst renoviertes Relikt des Berliner Hotels Esplanade, wäre seine Sache nie gewesen – der Gastwirt Wilhelm Kaiser, von seinen Freunden Kaiser Wilhelm genannt, sorgt in seinen „Kaiserstuben“ lieber für Urberliner Kneipengemütlichkeit mit Molle und Korn, Bulette und Solei und, nicht zuletzt, mit Rat und Tat für seine Gäste.

Drei Jahre nach dem Mauerbau war es, als Horst Pillau erstmals ins Rampenlicht trat und den Blick zurück lenkte in ein ungeteiltes Berlin, das einen Überlebenskampf zu bestehen hatte: „Der Kaiser vom Alexanderplatz“, 1964 im Hebbel-Theater uraufgeführt, wurde der erste große Erfolg des Autors, sozusagen sein Meisterstück, nachdem er vier Jahre zuvor in Zusammenarbeit mit Curth Flatow sein Gesellenstück „Fenster zum Flur“ vorgelegt hatte. Als Kneipier, der sein bescheidenes Kaiserreich heil durch das Kriegs- und Nachkriegsjahr 1945 bringt, erspielte sich Rudolf Platte einen Höhepunkt seiner Komikerkarriere; das Männlein, das, seinem krummen Rücken zum Trotz, nicht unterzukriegen ist, konnte es erleben, dass ihm zum Jubiläum der 400. Aufführung des „Kaisers vom Alexanderplatz“ aus dem Parkett ein Regierender Bürgermeister ns Willy Brandt applaudierte.

Pillau, 1932 geboren in Wien, aufgewachsen und eingewurzelt aber in Berlin, ist, Typen schnitzend, Pointen sammelnd, ein bienenfleißiger Autor seines unterhaltenden Metiers. Neben Kabarettbeiträgen, Hörspielen und Fernsehserien hat der Stückeschreiber immer wieder sein Feld zwischen Volkstheater und Boulevardkomödie beackert, in Berlin etwa mit Stücken wie der Western-Parodie „Die Helden von Gunhill“ oder der TV-Satire „Fernsehquiz". Vor allem freilich mit weiteren Stationen jener Kaiser-Biografie: „Der Kaiser von Neukölln“, 1987 im Hansa-Theater, ließ den umtriebigen Gastwirt im Blockadejahr 1948 vom Alex nach dem Westen „rübermachen“ und unter der Einflugschneise zum Flughafen Tempelhof eine neue Kneipe eröffnen. Statt des schmächtigen Rudolf Platte schulterte jetzt der eher bullige Horst Niendorf die Rolle; er war es auch, der dann abermals an einen geschichtsträchtigen Ort umzog: „Der Kaiser vom Potsdamer Platz“, 1992 ebenfalls im Hansa-Theater uraufgeführt, regiert seine Kneipe nebst Wechselstube just zu der Zeit, als Ulbricht sein Wort Lügen straft, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu bauen.

Heute wird Horst Pillau 70 Jahre – kein Alter, um nicht noch einmal zuzuschlagen. Wilhelm Kaiser (oder ein Sohnemann) könnte nun an den Pariser Platz umziehen. Sollte ihm diese Gegend zu schnieke sein, empfiehlt sich ein Terrain weiter östlich: „Der Kaiser vom Kollwitzplatz“ wäre sicherlich ein attraktive Adresse. Günther Grack

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