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Weises Papier. „I am the lover and the land is beloved“ von Mouneer Al Shaarani.

© Box Freiraum

Kalligrafie von Mouneer Al Shaarani: Stiller Tanz der Buchstaben

Der Syrer Mouneer Al Shaarani ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Kalligrafen. Der "BOX Freiraum" widmet ihm eine Soloausstellung.

Zwei Dinge sind ihm besonders wichtig. Zum einen betont er, dass Kalligrafie nicht von der Religion komme, die arabische Schriftkunst hat sich unabhängig entwickelt. Und der andere Punkt: Kalligrafie ist eine Kunst – und Mouneer Al Shaarani einer ihrer bedeutendsten zeitgenössischen Vertreter. Seine Werke werden in Abu Dhabi und Dubai, Marseille und Madrid, London und Sidney ausgestellt. Und nun hat der 1952 geborene Syrer mit „Calligraphic Rhythms“ seine erste Soloausstellung in Deutschland.

Das alte Kutschen- und Stallhaus in Friedrichhain empfängt seine Arbeiten gleichsam mit offenen Wänden. Der Backstein grundiert die alte Tradition der verschlungenen Buchstaben. Wunderbar. Die erste Überraschung, wenn man Al Shaaranis Kunst nicht kennt – wie groß manche Blätter sind, gewaltige Labyrinthe, Embleme wie Flaggen, Strukturen wie Gebäude. Religiöses also findet sich hier so gut wie nicht. Es ist der Reichtum des weltlichen Islam, aus dem der Kalligraf schöpft; die Worte künden von Freiheit, Liebe, den Kämpfen des Lebens.

Er war zehn, als er zu einem Meister in die Lehre ging. Und er war noch ein recht junger Mann, als er 1979 ins Exil musste, nach Ägypten. Vor einigen Jahren ist er nach Damaskus zurückgegangen, in seine Heimat. Es sei schwer, dort zu leben, die Lage sei sehr schlimm, er wolle es so, nach all der Zeit im Ausland.

Sinn für Harmonie

Mouneer Al Shaaranis Bilder strahlen Würde und Schönheit aus. Er ist ein farbenfreudiger Künstler, er versteht sich auf den großen Schwung. Da scheinen Noten auf dem Blatt zu tanzen oder eine Gruppe von Derwischen. Er versteht sich ebenso auf Abstraktion. Buchstaben formen sich zu Würfeln, in einer Art von neuen Sachlichkeit. Al Shaarani gilt als Erneuerer der arabischen Schriftkunst. Ihr ist ein profunder Sinn für Harmonie eigen, sie grüßt mit großer zivilisatorischer Geste.

Die Freunde des Museums für Islamische Kunst Berlin (Direktor Stefan Weber ist hier im Vorstand) haben die Ausstellung und die Workshops mit der BOX Freiraum organisiert. Denkt man an die Objekte auf der Museumsinsel, dann zeigt sich eine lange Linie der Tradition, mit der Al Shaarani so frei und stilbewusst umgeht. Er wolle die Kalligrafie aus ihrem Käfig herausholen, hat er auch einmal gesagt, sie sei auch keinesfalls heilig. Und so erinnert manches an Werbe-Design oder Buchillustration. Am Anfang war das Wort, steht in der Bibel. Bald darauf muss die Schrift gekommen sein – und das Bild. Bei Mouneer Al Shaarani verschmelzen sie.

BOX Freiraum, Boxhagener Straße 96 (im Hof). Mittwoch bis Samstag 14–18 Uhr, bis 3. Juni.

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