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Mit fast talmudischer Versenkung. Isabelle Faust spielte Beethoven.

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Kammermusik-Festival "Intonations" im Jüdischen Museum: Freiraum für Gedankenflieger

Ein Beethoven in talmudischer Versenkung und letzte Lustigkeit bei Schostakowitsch: Szenen aus Elena Bashkirovas formidablem Kammermusik-Festival „Intonations“ im Jüdischen Museum Berlin.

Obwohl das Konzert im schönen Glashof des Jüdischen Museums gut besucht ist, hat die verwöhnte Musikstadt Berlin offenbar immer noch nicht richtig begriffen, was es an dem von der Pianistin Elena Bashkirova gegründeten und geleiteten Kammermusik-Festival „Intonations“ hat. Im vierten Jahrgang der Konzertreihe bieten Bashkirova und ihre Mitstreiter aus aller Welt sechs Programme mit durchweg ungewöhnlicher Dramaturgie. Wer solche Freunde wie die offenbar glänzend vernetzte Festivalleiterin hat, braucht auch Absagen nicht zu fürchten: Für den erkrankten Pascal Moragues sprang kurzerhand Wenzel Fuchs ein, Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker.

Die wahrscheinlich sehr knappe Probenzeit merkt man der virtuosen Interpretation von Bartoks „Kontrasten“ nicht an, die Fuchs mit Bashkirova am Klavier und der Geigerin Mihaela Martin zur Aufführung bringt. Stilles Zentrum des Konzerts ist Beethovens letzte Violinsonate in G-Dur, deren Sprödigkeit von Isabelle Faust und Alexander Melnikov unnachgiebig herausgearbeitet wird. Immer wieder begeben sich die Musiker an den Rand des Hörbaren, um dann noch leiser zu spielen. Eine esoterische (am Aufführungsort ist man versucht zu sagen: talmudische) Versenkung in den Notentext, die durch Kompromisslosigkeit fasziniert.

Sarkasmus und Morbidität bei Schostakowitsch

Zum Abschluss des Abends erklingt Dimitri Schostakowitschs 15. Symphonie in einer aparten Bearbeitung für Klaviertrio und drei Schlagzeuger. Die letzte Symphonie des russischen Komponisten soll David Lynch zu seinem aus falscher Idylle und Horror zusammengemischten Film „Blue Velvet“ inspiriert haben. Kein Wunder, versammelt das Werk doch die beim späten Schostakowitsch unvermeidlichen und hier noch einmal zugespitzten Ausdrucksmomente: Sarkasmus, Morbidität, verzweifelte Aufschwünge zu letzter Lustigkeit, ziellos schweifende Klagegesänge.

Ein technisch und emotional kräftezehrendes Werk

Obwohl der Komponist gerade im langsamen Satz die Spannung nicht durchgängig halten kann, ist das doch ein erschütterndes Werk, dass durch die solistische Besetzung möglicherweise noch an Intensität gewinnt. Dem technisch und emotional kräftezehrenden Werk stellen sich die sechs Musiker mit äußerstem Engagement. Und den Namen der phänomenalen Pianistin Plamena Mangova sollte man sich merken.

Das letzte Konzert des Festivals am heutigen Donnerstag, 23. April, um 19.30 Uhr im Jüdischen Museum. Informationen und Programm unter www.jmberlin.de

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