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Kultur: Kampf um die Kultur der Weltgesellschaft

Die Bundeskulturstiftung ist das herausragende Projekt des Staatsministers für Kultur. Es schien kurz vor der Entscheidung zu stehen.

Die Bundeskulturstiftung ist das herausragende Projekt des Staatsministers für Kultur. Es schien kurz vor der Entscheidung zu stehen. Doch letzte Woche haben die Ministerpräsidenten der Länder ein Moratorium verkündet. Ist die Stiftung damit erst einmal ad acta gelegt oder wird sich noch etwas bewegen, wenn im Dezember mit Bundeskanzler Schröder verhandelt wird?

Die Stiftung wird es ab 2002 geben, in der einen oder anderen Form. Der Bund wollte die Stiftung ursprünglich alleine gründen; dann war es aber der Wunsch der Länderkultusminister, hier gemeinsame Sache zu machen. Daraufhin habe ich ein Konzept erarbeitet, das die bestehende Kulturstiftung der Länder integriert. Im Juli haben sich die Kultusminister dazu fast ausnahmslos positiv geäußert. Wenn jetzt einige Ministerpräsidenten zu der Meinung kommen sollten, wir dürfen es nicht gemeinsam machen, dann machen wir es separat. Ich weiß, dass mich die Regierungsfraktionen darin unterstützen. Die Mehrheit der Länder ist für eine gemeinsame Stiftung, aber bei einer Fusion wäre Einstimmigkeit nötig.

Sind es eher atmosphärische Bedenken gegenüber einem vermeintlich zentralstaatlichen Projekt oder gibt es noch verfassungsrechtliche Einwände gegen eine Kulturstiftung des Bundes? Letztlich handelt es sich doch um mehr Geld für kulturelle Initiativen.

Wir haben ein Gutachten des Bundesinnenministeriums vorliegen, danach ist die Stiftung in der geplanten Form verfassungsrechtlich unbedenklich. 25 Millionen Mark wären es am Anfang. Mittelfristig möchte ich von Bundesseite 75 Millionen Mark erreichen.

Die Kulturstiftung des Bundes soll sich in erster Linie um die Förderung zeitgenössischer Projekte kümmern, auch im internationalen Rahmen, während die Kulturstiftung der Länder zum Beispiel museale Kunstankäufe ermöglicht und im weitesten Sinne auch konservatorisch tätig ist. Was wäre überhaupt der Vorteil einer Fusion?

Es ist das Ziel, dass die Bundesrepublik Deutschland dem Vorbild anderer westlicher Demokratien folgt und eine nationale Kulturstiftung etabliert. Ein Sonderweg ist in dieser Hinsicht nicht einzusehen. Dabei soll dann nicht nur die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern, sondern auch der Kommunen deutlich werden. Schöner wäre es, man geht zusammen. Wenn nicht, wäre das keine Tragödie. Aber selbst wenn der Bund es separat macht, sieht mein Konzept eine föderale Beteiligung vor. Im Stiftungsrat sollten sowohl der Städtetag wie die Bundesländer vertreten sein.

Was ist die Abgrenzung zu den Aufgaben, die nach dem Grundgesetz in der Kulturhoheit der Länder liegen?

Die entscheidende Frage lautet: Gibt es über die regionale Verantwortung hinaus eine nationale Verantwortung für die Entwicklung der Kultur in der Bundesrepublik Deutschland oder beschränkt sich das nur auf auswärtige Kulturpolitik? Es liegt in der Natur der Sache, dass der Nationalstaat Deutschland eine kulturelle Dimension hat. Die geplante Kulturstiftung soll eben diese Dimension thematisieren, auch die Integration zugewanderter Minderheiten fördern.

Wenn Bayern und Nordrhein-Westfalen, die großen reichen Bundesländer, sich noch gegen eine gemeisame Kulturstiftung mit dem Bund wehren, dann hat dies vielleicht auch mit eigenem Ehrgeiz und Eifersucht zu tun.

Ich finde es beeindruckend, wenn Bundesländer große kulturelle Projekte selbst stemmen. Umso besser. Natürlich ist das Interesse an der Kooperation mit dem Bund bei den kleinen und bei den neuen Bundesländern größer. Die Gründe liegen auf der Hand. Trotzdem: Wenn man sich die dreißigjährige Geschichte des Scheiterns der Nationalstiftung ansieht, ist es schon ein Riesenerfolg, dass jetzt nicht von vornherein das Nein der Bundesländer kam und wir immerhin kurz vor dem Ziel sind. Das ist auch Ausdruck einer insgesamt guten Zusammenarbeit mit den Kultusministern der Länder.

Vielleicht ein Bumerangeffekt, wenn Kulturpolitik immer mehr Bedeutung bekommt und die Länderchefs sich nun keine möglichen Kompetenzen aus der Hand nehmen lassen wollen.

Ein interessantes Phänomen. In Zeiten knapper Kassen nimmt das politische Interesse an Fragen der Kultur offenbar zu. Wohl auch, weil der Bund ein neuer Mitspieler ist.

Welche Überlegungen werden bei Ihnen nach dem 11. September angestellt? Der Bundeskanzler hat schon früh von einem "Kampf um Kultur" gesprochen.

Das traditionelle Verständnis ist, dass die auswärtige Kulturpolitik deutsche Kultur im Ausland präsentiert und vermittelt, dazu auch flankierend ein gewisser Austausch erfolgt, etwa über den Deutschen Akademischen Austauschdienst. Aber wir haben keine echte Zweibahnstraße, im Zentrum steht nicht das Modell der kulturellen Kooperation über Grenzen hinweg. Auch dabei soll die neue Stiftung eine Rolle spielen. Wir überlegen uns Schwerpunktprogramme, die zum Beispiel im Nahen und Mittleren Osten die kulturelle Dimension von Konflikten mit künstlerischen Mitteln deutlich machen und uns einen Einblick ermöglichen in kulturelle Verfasstheiten, die mit ausschlaggebend sind für die Eskalation von Konflikten. Vor dem europäischen Hintergrund können wir internationale Politik und Kulturpolitik nicht allein mehr im nationalen Rahmen betreiben. Wir tun manchmal so, als sei Europa seit Jahrhunderten ein Hort der Aufklärung und der Rest der Welt müsse zivilisiert werden. Dabei haben wir den schlimmsten Krieg und Völkermord erst fünfzig Jahre hinter uns. Die Europäische Union ist eine Antwort auf diese Katastrophe.

Wie aber lässt sich jenseits der immer gleichen intellektuellen Zirkel ein Dialog auch mit Gegnern unserer Begriffe von Kultur und Menschenrechten organisieren? Wird die Kultur als Friedensstifterin dann nicht überfordert?

Es geht nicht um unsere Begriffe von Kultur und Menschenrechten im Sinne eines spezifisch westlichen Konzepts - die Menschenrechte sind in allen großen Kulturtraditionen verwurzelt. Aber selbstverständlich gibt es in jedem Kulturkreis Gruppen, die sich dem Dialog entziehen, deren Sprache die Gewalt ist. Diese Gewalt wird oft begleitet von ermüdenden ideologischen Tiraden, die nicht auf Verständigung und Begründung zielen. Hier darf man sich keine Illusionen machen. Der Erfolg solcher Gruppierungen hängt aber davon ab, wie groß ihr Rückhalt in der Bevölkerung ist, und hier muss die Gegenstrategie des interkulturellen Dialogs ansetzen.

Wie deuten Sie denn für sich selbst die Terroranschläge vom 11. September?

Wenn man sie interpretiert als Menetekel eines Weltkonfliktes, dann besteht die Gefahr, dass genau das erreicht wird, was die Terroristen nach meiner Einschätzung erreichen wollen: als Speerspitze eines globalen Unbehagens gegenüber den Prozessen der Globalisierung zu gelten. Ich sehe es nicht als Konflikt zwischen Kulturregionen, auch nicht als Konflikt zwischen den Modernisierungsverlierern auf der einen und dem US-Modell des globalen Marktes auf der anderen Seite. Ich sehe es als eine Internationalisierung von Konflikten, die in den jeweiligen Gesellschaften verankert und aus internen Konflikten entstanden sind. In Pakistan gibt es islamistische Gruppierungen, die jeden Konflikt nutzen, um stärker zu werden. Und die haben eine lange Tradition. Das sind gewaltbereite Organisation, die ihren Konflikt mit viel Geld aus dem Welthandel internationalisieren. Der Nahost-Konflikt ist von beiden Seiten international angelegt, und damit schwappt etwas in die Welt hinein, das noch vor einigen Jahrzehnten lokal geblieben wäre. Wir haben, zugespitzt, ein gigantisches, ein globales Polizeiproblem. Mangels internationaler Sanktionsgewalt bedarf es gegenwärtig noch militärischer Mittel. Wir müssen die militärischen Aktionen sehen als eine Form der polizeilichen Befriedung der Welt.

Wenn wir die kulturelle Dimension ausblenden, dann laufen wir allerdings Gefahr, den gegenwärtigen Konflikt noch zu verschärfen. Vielleicht muss man nur von einem romantischen Begriff von Kultur Abschied nehmen. Letztlich geht es ja um die universelle Geltung von Menschenrechten, unter allen Regierungen und Religionen.

Sie haben recht: Es gibt - links wie rechts - einen romantischen Kulturbegriff, der das gerne ausblenden würde. Die Basis einer Befriedung der Weltgesellschaft ist normativ, staatliche Gewalt kann nur flankierend wirken. Die normative Basis muss so verfasst sein, dass sie akzeptabel ist für die großen kulturellen Regionen der Welt, gleich ob sie islamisch, konfuzianisch, hinduistisch, buddhistisch oder christlich geprägt sind. Es muss ein Minimalkonsens sein, in dessen Zentrum die Menschenrechte und der Respekt gegenüber kulturellen Unterschieden stehen. Deshalb hat der Bundeskanzler gesagt, es ist ein "Kampf um Kultur": ein Kampf um die Kultur einer zivilen Weltgesellschaft. Im Kosovo, in Israel, in und um Afghanistan herrschen Konflikte, die kulturell aufgeladen sind, an Traditionen angebundene kulturelle Konflikte. Die globale Zivilgesellschaft, die wir anstreben müssen, verlangt, dass sich alle an bestimmte Grundregeln halten. Diese sind vereinbar mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen und Weltanschauungen. Sie haben - davon bin ich überzeugt - universelle Gültigkeit.

Die B, eskulturstiftung ist das herausragende Pro

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