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Rosalie alias Senta Berger in der Kehlmann-Verfilmung "Ruhm".

© dapd

Kehlmann-Verfilmung "Ruhm": Sturzbiederes Fernsehspiel

Die Verfilmung des Kehlmann-Bestsellers "Ruhm" verheizt Stars von Heino Ferch bis Senta Berger.

Von Gregor Dotzauer

Nichts peinlicher als ein Schauspieler, der einen Pianisten mimt und seine Fingerlahmheit rückenakrobatisch kompensiert. Nichts fragwürdiger als die Rolle eines Sportlers, der nie in Ganzkörperaktion erscheint, weil ihn der Schneidetisch in ein Filmgesicht und ein physisches Double zerlegt.

Wie leicht müsste es dagegen sein, die Figur eines Schriftstellers zu beseelen. Die Kölner Regisseurin und Drehbuchautorin Isabel Kleefeld aber schafft es in ihrer Verfilmung von Daniel Kehlmanns Episodenroman „Ruhm“ mühelos, Stefan Kurt in der Rolle des berühmten Autors Leo Richter vollkommen geistesfern erscheinen zu lassen. Andererseits bringt auch Kehlmanns Cameoauftritt als dessen Laudator nicht einmal die Karikatur eines pathetisch tönenden Kritikers zustande, sondern bestenfalls das Zerrbild eines in seinem Jargon ersaufenden Mannes, wie ihn sich jemand ausdenkt, der sich Jargonfreiheit nicht vorstellen kann.

Niemand stimmt hier mit dem überein, was er sein soll – oder gerne wäre. Es hat nur nichts damit zu tun, dass dieser Film wie Kehlmanns Buch von misslingenden Identitäten im Zeitalter der totalen Kommunikation handeln würde. Er wäre selbst gerne etwas, wozu es hinten und vorne nicht reicht, nämlich großes deutsches Schauspielerkino. Über ein sturzbiederes Fernsehspiel, das von Matthias Brandt (als völlig unglaubwürdiger Butler) bis zu Senta Berger (als Sterbehilfe suchende Rosalie) Stars verheizt, die sonst nicht so schnell kleinzukriegen sind, kommt „Ruhm“ nicht hinaus.

Was schon Kehlmann im Buch zu seinem metafiktionalen Programm ausrufen ließ, das lässt Kleefeld ihren Schriftstellerdarsteller auf der Leinwand wiederholen. Ein „Roman ohne Hauptfigur“ schwebt ihm vor. „Die Komposition, die Verbindungen, der Bogen“ – alles soll da sein, „aber kein Protagonist, kein durchgehender Held“. Und so verschränkt Richter, zugleich Herr und Teil seiner Geschichten, Episode um Episode mit Motiven, die einmal angedeutet und ein anderes Mal ausgesponnen werden. Erste und zweite erzählerische Ordnung gehen wie bei einem Möbiusband ineinander über und verschlingen sich wechselseitig.

Was in der dramaturgischen Anlage, die sechs der neun Geschichten übernimmt, noch halbwegs aufgeht, wirkt in der einfältigen Illustration der Einzelstoffe spannungslos. Elektroingenieur Joachim Elbling (Justus von Dohnányi), der auf seinem neuen Handy die Anrufe einer schönen Fremden erhält. Filmstar Ralf Tanner (Heino Ferch als einzig widerständige Kraft gegen die Inszenierung), der aus seinem Luxusleben fällt und bei einem Ähnlichkeitswettbewerb als sein eigener Imitator erscheint. Der bloggende Fettkloß Mollwitt (Axel Ranisch), der Leo Richter und dessen humanitär bewegte Freundin (Julia Koschitz) stalkt. Oder die Thrillerautorin Maria Rubinstein (Gabriela Maria Schmeide), die auf einer Pressereise durchs postkommmunistische Rattenloch Askisistan strandet, nachdem ihr Handy sie im Stich gelassen hat. Sie alle sind Opfer eines für sie vorgesehenen Scheiterns, gegen das sie kraftlos aufbegehren.

Das Unheimliche und Fantastische, das diesen Geschichten innewohnt, soll im Film durch grenzenlose Übertreibung überzeugend wirken. Aber in der faden Konkretion aller Details gewinnen weder die pferdezahnige Deputierte eines lateinamerikanischen Goethe-Instituts noch die bis zur Lächerlichkeit autoritäre Pressesoldatin des askisischen Staates jene Albtraumhaftigkeit, die Kehlmanns schmuckloser Text zuweilen erreicht. Kleefeld versucht, einen surrealen Alltag realistisch zu erfassen, statt an der Surrealisierung des Alltäglichen zu arbeiten. So viel Uninspiriertheit hat auch Kehlmanns zwiespältiger Roman nicht verdient.

Cinemaxx, Colosseum, Kant, Kulturbrauerei, Neues Off, Toni

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