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Kultur: Kein freier Blick mehr auf "Müll"-Stück

Das Berliner Maxim-Gorki-Theater verzichtet auf die Aufführung des Fassbinder-Werkes "Der Müll, die Stadt und der Tod".Seit der Ankündigung, das Stück zum Ende dieser Spielzeit herauszubringen, sei in der Öffentlichkeit ein Klima entstanden, das unbelastete Proben und einen freien Blick auf die Inszenierung nicht mehr zulasse, teilte das Theater mit.

Das Berliner Maxim-Gorki-Theater verzichtet auf die Aufführung des Fassbinder-Werkes "Der Müll, die Stadt und der Tod".Seit der Ankündigung, das Stück zum Ende dieser Spielzeit herauszubringen, sei in der Öffentlichkeit ein Klima entstanden, das unbelastete Proben und einen freien Blick auf die Inszenierung nicht mehr zulasse, teilte das Theater mit."Da stellt sich dann die Frage, ob man das einem Ensemble oder dem Regisseur zumuten darf", sagte der Intendant des Gorki-Theaters, Bernd Wilms.Zahlreiche Gespräche über das als antisemitisch kritisierte Stück, auch mit Vertretern der Berliner Jüdischen Gemeinde, hätten zu keiner Annäherung geführt."Wir lesen das Stück inzwischen nicht anders und sind überzeugt, daß es weder antisemitisch ist noch dem Antisemitismus Vorschub leistet.Aber wir nehmen die geäußerten Ängste ernst, und an einer Machtprobe ist uns nicht gelegen", erklärte Wilms.Es sei darum gegangen, eine Aufführung zu erarbeiten und dann zur Diskussion zu stellen.Das Theater habe dies, 13 Jahre nach dem Aufführungsversuch in Frankfurt am Main, für möglich gehalten.Eine pure Wiederholung der Frankfurter Diskussion bringe aber gar nichts: "Es macht keinen Sinn, Theater dafür zu produzieren, daß es dann nicht stattfindet.Das wäre reine Kraftverschwendung." Zur Aufführung soll das Stück am Gorki- Theater dennoch gelangen.Das Studio Yoram Loewenstein, eine der führenden Schauspielschulen Israels, wird "Der Müll, die Stadt und der Tod" im März 1999 in Tel Aviv in hebräischer Sprache herausbringen.Diese Inszenierung sei für ein Gastspiel nach Berlin eingeladen worden, teilte Wilms mit.

Berlins Kultursenator Peter Radunski begrüßte den Verzicht des Theaters."Die Aufführung kommt durch diese weise Entscheidung nicht in den Sog eines politischen Spektakels." Er sei dankbar, daß die intensive Diskussion zu dieser freien künstlerischen Entscheidung geführt habe, und hoffe zudem, daß die Einladung des Studios Yoram Loewenstein zur weiteren Versachlichung der Diskussion beitrage.Vertreter der Berliner Jüdischen Gemeinde waren wegen des jüdischen Feiertages "Simchat Tora" für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Ankündigung des Maxim-Gorki-Theaters, das Fassbinder-Stück auf die Bühne zu bringen, war eine wochenlange Diskussion gefolgt.In deren Verlauf hatten sich neben anderen Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, und Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen gegen eine Aufführung ausgesprochen.Auch Gerhard Zwerenz, auf dessen Roman "Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond" Fassbinders Stück basiert, hatte das Projekt abgelehnt. dis

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