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Energetisch. Kelly Lee Owens.

© MCT

Kelly Lee Owens live in Berlin: Königin des Multitasking

Live-Rave: Die Waliserin Kelly Lee Owens liefert im Kreuzberger Club Prince Charles ein überraschend tanzbares Konzert.

Man sollte den Auftritt von Kelly Lee Owens im Kreuzberger Club Prince Charles aufnehmen und als Lehrvideo an alle Produzenten von elektronischer Musik versenden. Dann würden sie vielleicht endlich verstehen, dass sich computerbasierte Musik auch als mitreißende Performance vermitteln lässt. Und nicht wie es meist passiert, nämlich so, dass jemand über seinem Laptop hängt, Tasten drückt und das Publikum halt schauen soll, ob es die Tatsache goutiert, dass auf der Bühne so gut wie gar nichts passiert.

Live-Auftritte von Elektronik-Produzenten sind in 99 Prozent aller Fälle gähnend langweilig. Da mag die dargebotene Musik noch so visionär, euphorisierend oder sonst was sein, so etwas wie eine gelungene Show bekommt man kaum einmal geboten. Meist sollen Visuals die fehlende Action kompensieren, aber fernsehen kann man zu Hause besser.

Auch beim Auftritt der in London lebenden Waliserin Kelly Lee Owens flackert hinter ihrem Rücken etwas über die Leinwand, abstrakte Schwarz-Weiß-Impressionen, die kaum weiter auffallen. Denn wie gebannt schaut man auf die daueragile Musikerin, die geradezu hyperaktiv wirkt. Der Begriff Multitasking muss nach diesem Konzert neu definiert werden. Wie macht die das bloß? Mit beiden Händen in irrer Geschwindigkeit die Gerätschaften vor sich bedienen, ins Mikro singen, auf den E-Drums herumhauen, die Haare schütteln, tanzen, und das alles mehr oder weniger gleichzeitig.

Es können auch Fehler gemacht werden

Ein Album hat Kelly Lee Owens bislang veröffentlicht, eine betörende Fusion von Pop und Elektronik. Doch was die Musikerin hier in Berlin abliefert, das ist eher ein Live-Rave, überraschend tanzbar und voller Anspielungen an klassischen Acid- House. Sie versucht dabei erst gar nicht, ihre verschiedenen Sounds möglichst perfekt miteinander zu verbinden. Nein, man soll mitbekommen, dass das hier wirklich live ist und dass auch Fehler gemacht werden können. Der 29-Jährigen unterlaufen sogar andauernd Fehler, etwa wenn eine Maschine aus Versehen noch weitertuckert, obwohl bereits eine neue Nummer begonnen hat. Und genau das macht es so spannend: Der Sound ist rau und ungeschliffen, entsteht im Moment, ist menschlich und nicht maschinenmäßig glatt.

Das Publikum ist begeistert und Kelly Lee Owens am Ende fix und fertig. Sie hat alles gegeben, sie hat ein Konzert mit elektronischer Musik dargeboten und dabei – man kann es nicht anders sagen – unheimlich gerockt.

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