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Kultur: Kesseltreiben

Was wird aus den Berliner Rundfunk-Ensembles?

Bei der Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses kam es Anfang der Woche zu einem Zwischenfall: Unerwartet für Kulturstaatsminister Bernd Neumann forderten Politiker der schwarz-gelben Koalition, 2010 den Zuschuss für die „Rundfunkorchester und -chöre GmbH Berlin“ (ROC) um eine Million Euro zu kürzen. Die Sparattacke konnte zwar abgewendet werden, doch es kam zu einer „qualifizierten Haushaltssperre“ bei dem Etatposten, die erst aufgehoben wird, wenn geklärt ist, wie die mittelfristige Finanzierung der Klassik-Holding aussehen soll.

In der Tat wurde in den letzten Wochen heftig über die Zukunft der von Bund, Berlin, Deutschlandradio und RBB getragenen ROC diskutiert. Das hat bei den Haushaltspolitikern von CDU und FDP offenbar den Kürzungsreflex ausgelöst. Willi Steul, der neue Deutschlandradio-Intendant, war im Dezember mit dem Plan vorgeprescht, die beiden Sinfonieorchester der ROC, Ingo Metzmachers DSO sowie Marek Janowskis RSB zu einem „Weltklasse-Ensemble“ zu fusionieren. Eine irrwitzige Idee, die von den übrigen Gesellschaftern kassiert wurde – schließlich spielen beide Orchester auf Spitzenniveau, sind international gefragt, wie auch ihre ROC-Partner, der RIAS Kammerchor und der Rundfunkchor Berlin.

Inzwischen ventiliert Steul eine weitere Option, die zwar keine Musikerstellen vernichtet, aber die 1994 gefundene Konstruktion zerschlagen würde: Das DSO soll bei der Deutschen Welle andocken, der Rundfunkchor bleibt bei Berlin und Steul würde das RSB und den Kammerchor seinem Deutschlandradio einverleiben. Bei der Sondersitzung des Kulturausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses zum Komplex ROC am Montag wird Steul seine Strategie verteidigen müssen.

So attraktiv diese (Auf-)Lösung allen erscheinen mag, die es leid sind, immer wieder Aufbau und Sinn der ROC zu erklären – unterm Strich kostet sie viel Geld. Denn schlanker als jetzt lassen sich zwei Orchester und zwei Chöre kaum leiten. Ob Buchhaltung, Besucherservice oder customer relationship management – nach anfänglichen Reibereien nutzen die vier Ensembles inzwischen alle Synergieeffekte optimal. Diese Arbeitsteilung würde bei einer Zerschlagung der ROC wegfallen. Mag sich der Personalzuwachs auch in großen Apparaten wie der Deutschen Welle und Deutschlandradio partiell verstecken lassen, kämen auf den Bund als Träger dieser Anstalten doch deutlich höhere Kosten zu. Und das dürfte den Haushältern von CDU und FDP nur schwer zu vermitteln sein. Frederik Hanssen

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