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Viel Stoff zum Vorlesen: Märchenroman von Irene Matt.

© Cover: Verlag

Kinderbuch: Am Ende hilft der Tatzelwurm

Wie ein Prinz seine Angst verliert: ein Märchenroman von Irene Matt.

In Florapis wohnt das Glück. Es wimmelt von fleißigen Bienchen, sodass duftende Kräuter, bunte Blumen und üppige Obstbäume gedeihen. Die Einwohner verdienen gut, auch an den zahlreichen Touristen, die den schönen Ort besuchen. Über allem thront der gute König Florobert, der – alt geworden – seinen Sohn zum Regenten machen will. Leider hat der ein gravierendes Problem. Als Kind wurde der Prinz von einer Biene gestochen und hat daher nicht nur eine Aversion gegen alles Blühende, sondern er steckt generell voller Angst. Dr. Fuge, Dr. Turn und Dr. Pinsel hatten es nicht geschafft, den Jungen mit Musik, Sport oder Malen zu heilen.

Aus Angst will der Prinz eine Mauer bauen

Irene Matt hat einen, wie sie es nennt, Märchenroman geschrieben. {Zauberschön, 184 Seiten, Verlag am Eschenbach 2019, 20 €] Alles, so ahnt der Leser, wird daher ein gutes Ende nehmen, aber bis dahin müssen die Protagonisten noch viele Abenteuer bestehen. Erstmal haben sie allerdings keine Chance, den Prinzen von seinem gruseligen Plan abzubringen: Eine dicke, hohe Mauer rund um Florapis will er bauen lassen, damit ihm niemand etwas tun kann. Die Stimmung im Dorf verschlechtert sich. Tag und Nacht wird gebaut, die Bewohner können wegen des Lärms nicht mehr schlafen. Touristen, denen sie etwas verkaufen könnten, bleiben aus. Die Blumen mickern vor sich hin, die meisten Bienen sind längst fortgeflogen. Was soll nur werden? Das schöne Florapis droht unterzugehen.

König Florobert kann nicht helfen, und selbst das pfiffige Mädchen Ava weiß keinen Rat. Aber es begegnet Pankratz, dem Tatzelwurm. Es ist eine Art Drachen, der nur sichtbar wird, wenn er hungrig ist. Und als Ava ihn entdeckt, hat er einen Riesenhunger.

Der Drache sitzt gefangen in der Höhle

Bevor Pankratz den Prinzen auf kuriose Weise von dessen Angst befreit, wird er – und damit der Leser – noch einiges erleben. Der Tatzelwurm kann froh sein, dass Ava ihm des Öfteren aus der Patsche hilft. Sogar, als er in einer Höhle eingesperrt ist, findet sie einen Ausweg. Und sie trägt ihm auch nicht nach, dass er nach dem Schachspiel mit ihr – der Drache hatte haushoch verloren – alle von ihrem Vater handgeschnitzten Spielfiguren verbrennt.

Da Irene Matt so viele Finten und Details eingefallen sind, ist das in kleiner Schrift eng bedruckte Buch ziemlich dick geworden. Ein paar Straffungen hätten gutgetan. Silvia Paparellas ulkige Illustrationen lockern das Ganze auf, aber es hätten durchaus ein paar mehr sein können. Pankratz, der Ava manchmal zu ihrem Vergnügen auf seinen Flügeln durch die Lüfte trägt, bietet sich als Motiv ja geradezu an.

Anders als ein herkömmliches Märchen à la Grimm oder Andersen kann man Kindern dieses Buch nicht an einem einzigen Abend vorlesen. Wegen der Fülle des Stoffs müssen etliche Abende für Ava, Pankratz und den ängstlichen Prinzen verplant werden. Das wird dann auch ein guter Test für diesen Märchenroman: Solange die Kinder aufmerksam zuhören und eine (Lese-)Zugabe erbitten, stimmt eine Menge an dem ungewöhnlichen Plot.

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