zum Hauptinhalt
Ausflügler stehen auf einem Steg am Jadebusen in Dangast im Landkreis Friesland und schauen über das Meer.

© Julian Stratenschulte/dpa

Kinderbuch: Das Blau im Meer

Viele Antworten auf grundsätzliche Fragen erörtern ein Ozeanforscher und ein Astrophysiker im Gespräch mit ihren Enkeln.

In der Wissenschaft genügt es nicht, dass etwas offensichtlich ist! Das ist vielleicht die wichtigste Botschaft des Gesprächs des kanadischen Astrophysikers Hubert Reeves und des inzwischen verstorbenen französischen Ozeanforschers Yves Lancelot mit ihren Enkeln.

„Wie kommt das Blau ins Meer?“ ist ein verständlich geschriebenes Lehrbuch über die Stellung der Erde im Kosmos, über die Erdgeschichte mit ihrem langen Atem über mehrere hundert Millionen Jahre hinweg und über die Bedeutung der Meere für das Leben auf der Erde. Die beiden alten Wissenschaftler waren noch immer so entflammt für ihre Forschung, dass sie die Gefahren der Gegenwart in drei knappen Kapiteln am Schluss abhandelten. Dort drängten die Forscher zum Handeln gegen den Klimawandel und zum Schutz der Meere. In ihrem Vorwort stellen sie mit Blick auf ihre Enkel fest: „Mit den anderen jungen Menschen ihrer Generation werden sie den Planeten in jenem prekären Zustand von uns erben, in dem wir ihn hinterlassen.“

Von Neugier getrieben

Doch der Kern des Buches ist reine Wissenschaft. Das, was Grundlagenforschung genannt wird, die „Neugier getrieben ist“, wie Robert Schlögl von der Max-Planck-Gesellschaft es vor Kurzem bei einer Pressekonferenz mit Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) ausdrückte. Da geht es darum, wie der Mond die Gezeiten auslöst. Der Grund ist die „Planetengravitation“. Die Wissenschaftler verzichten also nicht auf Fachwörter. Aber es gelingt ihnen, diese anschaulich zu erklären. Der Mond zieht die Erde an, die Erde zieht den Mond an, und beide werden von der Sonne angezogen. Das ist die Planetengravitation. Der Mond hebt mit seiner Anziehungskraft die Teile der Erdkruste an, die in seine Reichweite gelangen, schreiben die Forscher. Und im Meer hebt sich deshalb die Wassersäule um mehrere Meter. Die Erde wird dadurch auseinandergezogen, schreiben die Forscher. Und der Mond wird von der Erde genauso verformt – und dadurch vom Planeten weggetrieben. Die Erdumdrehung wiederum wird so verlangsamt. Wieder was gelernt.

Die Forscher erklären das El-Niño-Phänomen und wie Ozeane geboren werden. Es geht um Tiefseeströmungen und Wissenschaftsgeschichte. Wie der Meeresgrund ab 1850 vermessen wurde, hat das Zeug zum Abenteuerroman. Der Grund für das plötzliche Interesse war die Verlegung der ersten Telefonkabel zwischen Europa und Amerika. Ohne Kenntnis der Gegebenheiten am Meeresgrund war das ein schwieriges Unternehmen. Es gab noch gar keine Technik zur Vermessung der Ozeantiefen. Erst nach der Erfindung des Sonars durch Paul Langevin 1915 begannen die Ingenieure eine Ahnung zu bekommen, was sie da taten.

Das Buch steckt voller interessanter Geschichten. Die Dialogform aber liest sich immer wieder etwas gezwungen. Das wäre nicht nötig gewesen.

Hubert Reeves, Yves Lancelot: Wie kommt das Blau ins Meer? Die Ozeane unseren Enkeln erklärt. Aus dem Französischen von Annabel Zettel. C. H. Beck, München 2016. 123 S., 14,95 Euro. Ab acht Jahren.

Weitere Rezensionen finden Sie auf unserer Themenseite.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false