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Das Erdferkel wird wütend, wenn es auf den Beinen steht. Und was dann geschieht, muss das Eichhörnchen erleben. Illustration aus der Episode "Das Erdferkel" von Toon Tellegen.

© Zeichnung: Marc Boutavant

Kinderbuch von Toon Tellegen: Welche Farbe hat die Wut und was dann?

Der niederländische Schriftsteller Toon Tellegen lehrt in dem von Marc Boutavant üppig illustrierten Buch den Umgang mit Gefühlen

„Die Sonne ist eine Betrügerin!“ Der Klippschliefer schimpft und fuchtelt mit den Fäusten. Er ist wütend, weil die Sonne jeden Abend einfach untergeht. „Sie scheint den ganzen Tag, sodass man denkt, sie mache immer so weiter, und dann geht sie plötzlich unter. Das ist Betrug.“ Der Elefant ist wütend auf sich selbst, weil es ihm nicht richtig gelingt, auf den Baum zu klettern. Der Käfer und der Regenwurm streiten sich, wer von beiden wohl am wütendsten ist, und das Erdferkel wird immer dann wütend, wenn es auf seinen Beinen steht. Also steht es am liebsten auf dem Kopf.

Klar, jeder wird mal wütend. Sogar die friedlichsten Kreaturen. Das wissen wir alle. Und die Ursachen können ganz unterschiedlich sein. Ebenso die Art und Weise, wie sich die Wut anfühlt und wie wir mit ihr umgehen. Grauer Ärger, grünlicher Zorn, schneeweiße Raserei. Der Krebs zieht mit seinem Koffer von Haus zu Haus und bietet verschiedene Arten von Wut an. Die Maus entscheidet sich für die hellblaue Wehmut, setzt sich ans Fenster und schaut in die Ferne.

Der mehrfach ausgezeichnete niederländische Schriftsteller Toon Tellegen, der auch Arzt ist, beschreibt starke Gefühle, die jeder kennt, ganz gleich wie alt er ist. Mit leisem Witz und guter Laune erzählt er von den Tieren im Wald, die schimpfen und zetern und sich wieder vertragen. Liebevoller kann man Emotionen kaum in Worte fassen. Die zwölf Geschichten, die Mirjam Pressler, ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2015, übersetzt hat, sind ein schöner Anlass, um mit kleinen und großen Trotzköpfen über ihre Gefühle ins Gespräch zu kommen. Dazu tragen auch die lustigen Illustrationen des Franzosen Marc Boutavant bei, der den Tieren im Wald etwas Melancholisch-Liebevolles verleiht und zum genauen Hinschauen auffordert.

Und wie wird man die Wut wieder los? Man kann sie wegpusten wie ein Staubkorn, erklärt die Ameise der Kröte, die mit heruntergezogenen Mundwinkeln am Teich sitzt. Man kann sie in Stücke brechen und zu Pulver zerdrücken oder sie begraben und einen Felsbrocken darauf legen. Man kann die Wut auch einfach vergessen, runterschlucken, verstecken, ins Meer werfen, wegjagen oder verdampfen lassen. Danach ist man zufrieden. Ein schönes Gefühl. „Je fröhlicher, umso besser! Wütend sein taugt nichts, was Eichhörnchen?“ Margit Lesemann

Toon Tellegen, Marc Boutavant: Man wird doch wohl mal wütend werden dürfen. Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. Hanser Verlag, München 2015. 82 Seiten, 14,90 Euro. Ab sechs Jahren.

Margit Lesemann

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