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Szene aus "Spiel mit der Zeit".

© Nady El-Tounsy

Kindershow im Friedrichstadt-Palast: In Gigabytes durch die Geschichte

Einmal die Konsole geschüttelt: Die Kindershow „Spiel mit der Zeit“ im Friedrichstadt-Palast verbindet Game und Historie mit liebevoll inszenierten Minidramen.

Was tun, wenn der Geschichtsunterricht nervt? Wenn all die Schlachten, Könige, Jahreszahlen nicht im Gedächtnis hängen bleiben wollen? Für Gamer könnten Computerspiele ein Ausweg sein, zum Beispiel „Superdog“, ein interaktives History-Game, mit dem sich durch die Epochen reisen lässt – und nebenbei lernt man noch was dabei. Die Schülerinnen Jule (Malena Schönpflug) und Lea (Valentina Bonalana) jedenfalls werden mit dieser Idee des schlurfigen Ben (Otto Barchmann) aus ihrer Geschichtsintoleranz und Null-Bock-Haltung gerettet. Ein Klick, schon sind die drei im Kolosseum und gucken Gladiatoren beim Kampf zu. Dumm nur, wenn plötzlich einige Drähte durchbrennen – und die Spieler sich auf einmal innerhalb des Spiels wiederfinden!

So beginnt der Plot von „Spiel mit der Zeit“, der aktuellen Kindershow des Friedrichstadt-Palastes in der Regie von Andreana Clemenz. Eben lümmelten die drei Teenager noch daheim auf dem Sofa, jetzt hat die Welt des Computers sie eingesaugt und schleudert sie durch die Zeitschichten, wenn sie die Konsole auf den Boden fallen lassen oder schütteln. Mit dabei ist auch Superdog (Lino Riester), eigentlich eine fiktive Spielfigur, der jede Geschichtsepoche mit schultauglichem Wikipedia-Wissen unterfüttern soll, jetzt aber als realer Tour-Guide über das Missgeschick mit der explodierten Spielkonsole jammert und deshalb von den drei anderen „Nöli“ genannt wird.

Vulkanausbrüche und Drachenkämpfe

Was auf die Erwachsenen-Shows zutrifft, gilt auch hier: Geschickt durchchoreografierte Massenszenen kann der Friedrichstadt-Palast. Überall auf der riesigen Bühne ereignen sich liebevoll inszenierte Minidramen, die trotz ihrer Wuseligkeit oft ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Klar, die auf einer Idee von Intendant Berndt Schmidt basierende Show ist stark nach dem Muster des Klassikers, H.G. Wells „Zeitmaschine“, gestrickt und deshalb vorhersehbar. Aber die pädagogische Message bleibt gerade durch die Variation des Bekannten gut hängen: Geschichte ist nichts Totes, man erlebt sie selbst. Wobei Jule, Lea und Ben kaum Zeit haben, viel zu beschäftigt sind, die nächste Bedrohung abzuwenden. Einen steinzeitlichen Vulkanausbruch etwa, bei dem die Technik des Hauses die Bühne spektakulär in mehrere Platten zerbrechen lässt.

Die größte Bedrohung aber kommt von einer Lebenden, konkret: von Thusnelda, einer Burgherrentocher. Für sie hat sich alles um ihre Person zu drehen. Großartig, wie Djodjo Kassé die ganze Egomanie dieses Mädchens herausarbeitet – und die ihr selbst gar nicht bewusst ist. Doppelt blöd, dass sie gerade ihr Herz für den süßen Ben entdeckt hat, der prompt einen Drachenkampf ausfechten muss. Er verliert, was aber auch nichts hilft: Thusnelda nimmt ihn trotzdem. Oh Schreck – dann lieber schnell wieder die Konsole schütteln! Nach einem Abstecher in die Zukunft landen die Kids wieder auf der heimischen Couch. Ob sie in Zukunft die Finger von Computerspielen lassen, lässt die Show offen – wie auch ihre künftigen Noten im Geschichtsunterricht.

„Spiel mit der Zeit“, bis 31. Januar, www.palast.berlin

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