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Kultur: Kinderspiel

FORUM „Lucy“ von Henner Winckler

Ein neues Familienspiel, nennen wir’s Vater-Mutter-Kind. Waschmaschine kaufen für die Windeln. Spazierengehen mit Kinderwagen. Kind ab in die Kita.

Neues Spiel für Gordon. Neues Spiel auch für Maggy, die 18-jährige Mutter geworden ist. Gerade haben sie sich kennen gelernt, gerade haben sie das erste Mal miteinander geschlafen, gerade sind sie zusammengezogen. Jetzt liegt das Spielzeug auf dem Boden rum, und wenn Maggy weggeht, bittet sie Gordon: „Passt du auf Lucy auf?“. Und Gordon setzt die Kopfhörer auf.

Ganz neu das Leben mit Kind, wenn man selbst fast noch Kind ist. Die Klassenkameraden, Schulunterricht, das war einmal: Irgendwann steht Maggy mit dem Kinderwagen auf dem Schulhof, wie auf einem fremden Stern. Immerhin, ein Schulfreund kommt manchmal zum Babysitten vorbei, wenn Maggy auf eine Party will. Der Ex-Freund Mike, Vater von Lucy, steht zur Geburtstagsparty mit Parfüm und Blumen vor der Tür, und wohnt daheim noch bei den Eltern. Und Maggys Mutter Eva (Feo Aladag), selbst noch jung, wäre lieber Ersatz- als Großmutter.

Ganz unspektakulär, Henner Wincklers zweiter Film über diese junge Mutter Maggy (Kim Schnitzer), mit der wir einige Wochen in ihrem Leben mitlaufen, so ganz nebenbei, manchmal verlieren wir sie an der Straßenecke, und finden sie bald darauf wieder. Und sehr spektakulär, diese so genaue, so stille, so schöne Beobachtung eines Aufbruchs. Nicht reif für das Kind, würde jeder sagen, der Maggy sieht, wie sie kurz Bier holen geht und die Kleine allein lässt, wie sie auf der Party tanzt, die Nacht wegbleibt ohne Erklärung. Und dann, wenn man sie mit der Tochter sieht, wie sie sie füttert, beruhigt, in den Schlaf wiegt, in der Kita beobachtet, und für sie sorgt, denkt man: natürlich reif. Wer sagt, dass eine 18-jährige nicht reif sein kann.

Vier Jahre her, seit der 1969 geborene Regisseur Henner Winckler mit seinem Debüt „Klassenfahrt“ im Forum gefeiert wurde: eine deutsche Klasse an der polnischen Ostseeküste, erste Liebe, Eifersucht, eine Nacht am Strand, Kinder kurz vor dem Erwachsenwerden. Auch damals war Gordon (Gordon Schmidt) schon dabei, nun ist er älter geworden. Und Winckler auch: erzählt noch besser, unaufgeregter, selbstverständlicher. „Berliner Schule“ nennt man sie inzwischen, diese lose Gruppe rund um Angela Schanelec, Thomas Arslan, Maren Ade, Ulrich Köhler und eben Henner Winckler, mit ihren kleinen, präzisen, großen Filmen. Sie können ruhig weiter Schule machen.

Heute 19 Uhr (Delphi), 15. 2., 17.30 Uhr (Arsenal), 16. 2., 10 Uhr (Cinemaxx 3), 19. 2., 16.30 Uhr (Cinestar 8)

Christina Tilmann

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