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Kino: 9/11-Filme auf der Warteliste

Es dauerte viereinhalb Jahre, bis die US-Filmindustrie aus ihrer Schockstarre erwachte und den ersten Spielfilm über die Terroranschläge vom 11. September 2001 in die Kinos brachte.

Berlin - Der britische Regisseur Paul Greengrass ("Bloody Sunday") rekonstruierte in "Flug 93" in Echtzeit die Ereignisse in dem entführten Flugzeug, das sein mutmaßliches Ziel, das Weiße Haus in Washington, nicht erreichte und auf einem Feld in Pennsylvania abstürzte. Ihm gelang ein beklemmendes Dokudrama über des Terrors.

Nun ist auch der Hauptanschlag der Terroristen vom 11. September 2001 filmreif geworden. Soeben ist in den USA das Drama "World Trade Center" von Oliver Stone angelaufen. Der als linker Politprovokateur bekannte Filmemacher ("JFK", "Natural Born Killers") erzählt ergreifend, aber auch erstaunlich konventionell, wie Cops nach dem Aufprall eines entführten Flugzeugs in einen der beiden Türme des World Trade Centers bei der Evakuierung helfen wollen. Dann stürzt der Turm ein, die beiden Männer werden verschüttet und müssen viele Stunden ausharren, bis sie aus den Trümmern gerettet werden.

Anschläge des 11. September waren tabu

Stone verarbeitete in dieser patriotischen Heldensaga die Erlebnisse zweier New Yorker Polizisten, die auch als Berater fungierten. Sie sorgten ebenso wie die von Greengrass zu Rate gezogenen Angehörigen der Todesopfer von "Flug 93" dafür, dass die Fakten stimmen und sich kein falscher Ton einschleicht.

Lange Zeit galten die schlimmsten Anschläge in der Geschichte der USA als unverfilmbar und tabu. Man wollte dem Publikum Schockbilder und schmerzhafte Wiederholungseffekte ersparen. Kurz nach den Attentaten wurden gewalttätige Action-Filme auf Eis gelegt, US-Studios schnitten Szenen mit den Zwillingstürmen aus "Spiderman" oder retuschierten sie weg wie in "Zoolander".

Weitere Filme über 9/11 auf der Warteliste

Zwischenzeitlich nahmen sich einige Dokumentarfilme wie "Ground Zero - Das Jahr danach" von Jules und Gedeon Naudet sowie Michael Moores bitterböses Filmpamphlet "Fahrenheit 9/11" des heiklen Stoffes an. Parallel dazu setzten sich Literaten in Romanen mit den Folgen des amerikanischen Traumas auseinander, so der Roman "Extrem laut und unglaublich nah" von Jonathan Safran Foer. Spätestens als Steven Spielberg in "Munich" die Twin Towers in das filmische New York von 1972 hineinretuschieren ließ, schien das Eis gebrochen.

Nach "World Trade Center", der in Deutschland am 28. September in die Kinos kommt, stehen weitere Filme über 9/11 auf der Warteliste. Dazu gehören "Reign O'er Me" über einen Mann, der seiner ums Leben gekommenen Familie nachtrauert, und "102 Minutes", eine Rekonstruktion der Ereignisse zwischen dem ersten Flugzeugeinschlag und dem Einsturz der Türme.

Auch Verschwörungstheorien werden inszeniert

Beim Tribeca-Filmfestival in New York im Frühjahr feierten sieben Kurzfilme und sechs Features über den 11. September Premiere. Im Internet ist der Bilderbann längst aufgehoben. Dort kursieren mit wachsender Resonanz Verschwörungsfilme, in denen Teenager und andere Zeitgenossen krude Theorien verbreiten. So stellt der US-Filmemacher Dylan Avery in der Doku "Loose Change" die Behauptung auf, dass die Türme des World Trade Centers nach dem Aufprall leerer Flugzeuge kontrolliert gesprengt worden seien.

Angesichts des Rummels um "World Trade Center" darf indes nicht vergessen werden, dass die Anschläge und ihre Folgen längst außerhalb der USA im Kino thematisiert wurden. So lief Ende 2002 auf deutschen Leinwänden der französische Episodenfilm "11'09''01 - September 11", in dem elf bekannte Regisseure aus aller Welt in je elf Minuten, neun Sekunden und einem Bild ihre Version der Anschläge zeigten. 2003 erzählte Max Färberböck in "September - Nichts ist mehr, wie es war" von vier Paaren, deren Leben in Deutschland sich durch die Anschläge nachhaltig veränderte. (tso/ddp)

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