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2000 Jahre zurück: Fremde und Freunde

Dass die Vorlage für diesen martialischen, in den wuchtigen Kampfszenen sehr blutigen Historienschinken ein britisches Jugendbuch aus dem Jahr 1954 war, erkennt man kaum. „Der Adler der neunten Legion“ ist monumental.

Von Jörg Wunder

Im zweiten Jahrhundert ist Britannien bei römischen Soldaten nicht eben beliebt: Während der Süden befriedet ist, müssen sich die Legionäre im Norden mit aufsässigen Einheimischen herumschlagen. Und dort, wo heute Schottland liegt, ist die Eroberungspolitik komplett gescheitert: Seit eine ganze Legion samt Standarte in den nebligen Hügeln verschwand, verschanzen sich die Römer hinter dem Hadrianswall.

Zenturio Marcus Aquila (Channing Tatum) ist der Sohn des Anführers der verschollenen Legion. Er gibt sich Mühe, die Familienschande durch Tapferkeit zu kompensieren. So rettet er durch tollkühnen Einsatz eine römische Patrouille vor dem sicheren Tod, wird aber dabei so schwer verwundet, dass er aus der Armee entlassen wird. Zum Müßiggang ist der Krieger nicht geeignet, also macht er sich mit seinem britischen Sklaven Esca (Jamie Bell) auf die Suche nach dem Titel gebenden „Adler der neunten Legion“ .

Dass die Vorlage für diesen martialischen, in den wuchtigen Kampfszenen sehr blutigen Historienschinken ein britisches Jugendbuch aus dem Jahr 1954 war, erkennt man kaum. Der schottische Regisseur Kevin Macdonald zeichnet ein düsteres Porträt seiner Heimat vor 2000 Jahren: in einer kargen, dauerverregneten Landschaft versuchen struppige, fremdenscheue Einheimische über die Runden zu kommen, geeint nur in ihrem Hass auf alles Römische. Der fiktive Stamm der „Seals“ ist gar so dämonisch charakterisiert, dass es nicht weit bis zu den Orks aus „Herr der Ringe“ ist. Das erhöht zwar die Spannung, raubt dem Film aber die historische Glaubwürdigkeit, die zuvor mit einer detailgetreuen, betont unglamourösen Darstellung des römischen Soldaten- und Alltagslebens aufgebaut wurde.

Punkten kann „Der Adler der neunten Legion“ dafür mit den Landschaftsaufnahmen und einem gut harmonierenden Darstellerpaar: Die fragile Notfreundschaft zwischen dem verzweifelt-verbissenen Mustersoldaten und dem trotz brennendem Römerhass loyalen Sklaven lädt die zweite Hälfte emotional auf – und das mal ganz ohne den homoerotischen Subtext vieler Sandalenfilme.

In 13 Berliner Kinos, Originalversion im Cinestar Sony Center

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