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Bushido

© Constantin

Bushido-Film: Respekt, Alter!

Alles nur Pubertät? Aus dem Poesiealbum eines Gernegangsters: die Bushido-Bio "Zeiten ändern dich".

War doch alles nur Pubertät, sagt er jetzt, der ehemalige Elternschreck. Die Aggro-Lyrik, mit der er reich und berühmt wurde, seine Verse über Huren, Schwuchteln und so fort – Delikte einer Lebensphase, die vorbei ist. Pubertät eben. Jetzt wohnt Bushido mit Mutti in einer Villa und will gemocht werden. Aber gemolken wird sie, diese Phase, so lange es eben geht.

Und wo gemolken wird, da kann einer wie Bernd Eichinger offenbar gar nicht mehr an sich halten, auch wenn der Stoff so dünn ist und leer, dass er als unverfilmbar gelten muss. Aber der Produzent hat außerdem eine Vorliebe für Alphatierchen, Größenwahn und Zeitgeschichte. Nach Hitler und Baader, so mag er gedacht haben, nun also das dritte Stück seiner Trilogie der bösen Buben. „Bushido ist Zeitgeschichte.“ Das hat er wirklich gesagt, der Eichinger. Und seinen Freund Uli Edel angerufen.

Es ist ja auch zu verlockend: Bushidos Autobiografie, die dem Film als Vorlage dient, war ein Bestseller. Die cash cow spielt sich einfach selbst. Sodann stellt man ein paar verlässliche Zugpferde des deutschen Films in die Kulissen: Moritz Bleibtreu, Uwe Ochsenknecht, Katja Flint, Hannelore Elsner und ein paar andere. Da kriegen Produzenten leuchtende Augen. Die deutschen Filmförderer leider auch. Wenn man aber die Figur eines Filmes zu ihrem eigenen Darsteller macht, kann man gar nicht wollen, dass der Film eine Haltung gewinnt.

Das allein wäre nicht mal schlimm, wenn die Sache wenigstens Spaß machen würde. „Zeiten ändern dich“ aber ist von durchschlagender Langeweile. Da ist kein Wille, keine Wut, kein Scheitern und nicht mal Verrat: Allzu versöhnlich geht die Trennung Bushidos von seiner großen Liebe (Karoline Schuch) oder seinem Kumpel Fler (Fler) über die Bühne. Uli Edels Milieuzeichnung greift so tief in die Wirklichkeit wie eine Folge Derrick. Die Demütigungen, die Bushido erlebt, entwickeln kein Gewicht, die Kindheit (angeblich schwer) wird in wenigen Rückblenden nur gestreift. Es geschieht ohnehin recht wenig, abgesehen von fünf oder sechs kurzen Prügeleien ohne Anlass. Wichtig nur: Bushido hat noch immer Ehrenwort gehalten. „Ers guter Junge“, raunt ein alter Mann mit Rauschebart und nimmt einen langen Zug aus der Wasserpfeife – später wird Bushido sein Label so nennen. Es sind Albumblätter aus dem Poesieheft eines Gernegangsters: bieder, zäh, ungelenk und falsch.

„Uli und ich wollten einen Film machen wie Bushidos Musik: authentisch, provokant und radikal“, sagte Produzent Bernd Eichinger. Was Uli und er nun abliefern, ist ungefähr so ruchlos und wahrhaftig wie „Die Lümmel aus der ersten Bank“. Zum großen Finale tritt Karel Gott vors Brandenburger Tor und trällert „Biene Maja“, Bushidos Publikum wirft begeistert die Arme in die Höhe. Das ist nicht die Ballade eines Aufsteigers. Das ist Kinderfernsehen.

Dabei gibt es durchaus Vorläufer im Felde des Rapper-Biopics, von denen man sich hätte was abschauen können, „Notorious B.I.G“ etwa oder „8 Mile“. Nicht in erster Linie, weil Biggie Smalls und Eminem etwas drauf haben (oder hatten) und tatsächlich auf schwere Kindheiten und Verbrecherkarrieren zurückblicken. Sondern weil da jenseits von Prügeleien, Hasch-Verticken und Stinkefingerzeigen noch Geschichten zu erzählen waren. Bushidos Beichte dagegen ist von raumgreifender Banalität.

„Zeiten ändern dich“ ist kein Film. Es ist das Aussteigerprogramm eines Provokateurs, der es zu Wohlstand gebracht hat und nun sein altes Image entsorgen will. Die Rolle des Lieblingsschwiegersohns steht Bushido dabei ebenso gut wie die Maßanzüge, die er aufträgt, wenn er mit Horst Seehofer für die Fotografen posiert. Er könnte der nächste Kai Pflaume werden.

Der Film leistet damit auch eine Entzauberung. Denn dieser Bushido ist ausgesprochen ausstrahlungsarm. Er ist ein Langweiler, ein Besserwisser und ein Angeber, der an seinen Regeln (Respekt! Stolz! Und das ganze machoide Gedöns) geradezu gartenzwerghaft festhält. Dieser Gangster ist nicht böse, sondern öde; schlecht ist nicht sein kokettes Spiel mit Frauenverachtung und Homo-Hass, sondern die Kleingeistigkeit seines Lebens und seiner Haltung. Mit einem Wort: Bushido ist ein Spießer.

Ja, Respekt: Darum geht es. Immer. Und eine Art Respekt muss man in der Tat haben vor den Machern dieses Films. Das flache Pathos, der gründliche Mangel an Humor, die penible Vermeidung von Ideen: Aus solchem Material Geld zu machen und dabei noch todernst aus der Wäsche zu gucken – Respekt, Alter, das ist auch eine Form von Disziplin.

Dabei ist die Geschichte eigentlich ein Witz. Dieser junge Mann führte die Spießer, zu denen er heimlich aufschaut, kräftig an der Nase herum. Er hat sie ein bisschen erschreckt, sich mit ihren Kindern angefreundet und ist darüber einer von ihnen geworden. Als Satire also hätte „Zeiten ändern dich“ – vielleicht – funktioniert. Denn was sich hier dräuend erhebt, ist nicht das Gesicht des Bösen. Es ist die Fratze der Mittelmäßigkeit.

In 14 Berliner Kinos

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