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Christopher Morris: "Four Lions"

Die Terroristen-Komödie "Four Lions": Explosiv ist vor allem das Sprengstoffpäckchen am Gefieder der Terror-Krähe, die von den Möchtegern-Märtyrern ausgebildet wird – nicht sein keineswegs anti-islamischer Inhalt.

Ein Selbstmordattentäter-Azubi sieht eine US-Drohne, schnappt sich eine Panzerfaust und schießt – in die falsche Richtung. Er hat einfach nicht gewusst, wo bei diesem komplizierten Gerät vorne ist und wo hinten. Statt der Hightechwaffe aus den USA geht eine pakistanische Baracke in Flammen auf, in der sich ein dem breiten Publikum bekannter Terrorpate aufhält. Willkommen bei „Four Lions“ des Briten Christopher Morris.

Die Protagonisten dieses Films sind – man kann es nicht anders sagen – Trottel-Terroristen. Im Namen des Islam exerzieren sie den heiligen Krieg, um den es gar nicht gut zu stehen scheint, so stümperhaft, wie er von den jungen Männern mit zu viel Elan und zu wenig Talent geführt wird. Die im Stil einer Dokumentation gedrehte schwarze Komödie aus der englischen Stadt Sheffield löst bereits lange vor dem deutschen Kinostart am 21. April Diskussionen aus. Es geht auch um die Frage: Ist die moralische Humor-Sperrfrist für das Thema radikaler Islamismus abgelaufen?

Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September und sechs Jahre nach den Bomben von London ist der Krampf der Kulturen keinesfalls vorbei. Bislang kann „Four Lions“ von deutschen Cineasten nur als DVD bestellt, illegal im Netz gefunden oder einmalig im Rahmen des Britspotting-Festivals in Berlin gesehen werden (22. Januar, 20.15 Uhr, Babylon Mitte). Schon forderte der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer ein Kino-Verbot für den Film, damit kein „Öl ins Feuer“ gegossen werde. Beim Verleih Capelight, der „Four Lions“ in deutsche Kinos bringen will, gibt man sich allerdings gelassen. „Der Film hat für uns keine politische Sprengkraft und ist bei mehreren Festivals gut angekommen. Also machen wir es“, sagt Geschäftsführer Steffen Gerlach dem Tagesspiegel. Aus England und den USA sind vor allem positive Kommentare zu hören, übrigens auch von muslimischen Kinogängern. Also wohl kein neuer Mohammed-Karikaturen-Skandal.

„Four Lions“-Regisseur Christopher Morris hat sich mit Radio- und Fernsehsatiren in der Tradition von Monty Phython einen Namen gemacht. Jenseits hektischer Islam-Diskussionen gelingt dem 48-Jährigen gleich ein dreifacher Spagat. Er dreht einen Film über islamistische Attentäter, ohne einen Film über den Islam zu machen. Zudem handelt „Four Lions“ von tollpatschigen Helden, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen oder ihnen eine tiefere Ebene abzusprechen. Vor allem jedoch nimmt der Filmemacher rechtzeitig die Kurve vom Klamauk zur Charakterstudie. Was für ein Gegensatz zum trashigen „Postal“ des deutschen Uwe Boll, der mit gleicher Thematik eher Mitleid weckte, statt einen Eklat oder zumindest einen ordentlichen Lachanfall auszulösen.

Explosiv ist bei diesem Film vor allem das Sprengstoffpäckchen am Gefieder der Terror-Krähe, die von den Möchtegern-Märtyrern ausgebildet wird – nicht sein keineswegs anti-islamischer Inhalt. „Four Lions“ könnte sogar eine neue Phase in der Auseinandersetzung markieren. Abseits der klaren Tendenzen von „Fitna“ (von Rechtspopulist Geert Wilders) und „Submission“ (von Rechts-Regisseur Theo van Gogh) erlaubt der Film durch seinen vielseitigen Humor eine durchdringende Auseinandersetzung ohne selbst aufgebaute Schranken. Bislang scheinen viele Islam-Beiträge so hysterisch wie der fluchende Konvertit Barry im Film, als sein Auto wegen vermeintlich „jüdischer Bauteile“ absäuft. Dazu spielt das Radio „Dancing in the Moonlight“.

Der Autor Paul Mommertz prägte den Spruch: „Der Witzbold verdrängt, der Humorist verarbeitet.“ Morris nimmt seine Protagonisten als Menschen ernst – vor ihren politisch-religiösen Motiven aber hat er keinen Respekt. Nik Afanasjew

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