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CITY Lights: Ein Skelett für alle Fälle

Die Ausgrabung von US-Billigfilmen der fünfziger und sechziger Jahre gehört eindeutig zu den Belustigungen eines aufgeklärten, modernen Publikums. Ed Wood („Plan 9 from Outer Space“, „Glen or Glenda?

Die Ausgrabung von US-Billigfilmen der fünfziger und sechziger Jahre gehört eindeutig zu den Belustigungen eines aufgeklärten, modernen Publikums. Ed Wood („Plan 9 from Outer Space“, „Glen or Glenda?“) wurde als schlechtester Regisseur aller Zeiten angepriesen, und man sollte sich schieflachen angesichts der unsäglich naiven Dialoge, hölzernen Darsteller und wackelnden Pappkulissen. Doch gar so schlecht sind diese Filme gar nicht. Denn in ihnen steckt mehr Liebe als in mancher Großproduktion. Und das fehlende Charisma der Darsteller kann man als Authentizität schönreden: Da agieren Menschen von nebenan.

Tom Graeff, ein Seelenverwandter von Ed Wood, hat 1959 sein Hauptwerk Teenagers from Outer Space geschrieben, inszeniert, produziert, fotografiert und geschnitten und dazu noch eine Hauptrolle übernommen – wenn das kein Autorenfilm ist (Sonntag 20.12. im Z-inema)! Die Gleichsetzung von Jugendlichen mit Außerirdischen verrät die Angst, die Erwachsene damals vor ihrem halbstarken Nachwuchs empfunden haben. Graeff versah die Science-Fiction-Story – nennen wir es ein filmvorzeitliches „Avatar“-Komplementärkonzept – mit dem Romeo-und-Julia-Motiv: Einer der Außerirdischen verliebt sich in eine Irdische, und ihretwegen verhindert er die Zerstörung der Erde. Die Spezialeffekte sind umwerfend. Das Hauptmonster ist nur als Schatten zu sehen, und für diese Schattenspiele benutzte Graeff einen Hummer. Für alle Toten, die im Laufe der Handlung zu beklagen sind, kam dasselbe Skelett zum Einsatz: mal ausgestreckt, mal gebeugt. Mehr war im Budget nicht drin.

Noch weiter weg von James Camerons digitaler Welt mit der seelenvollen Amazone Neytiri dürfte Pearl White sein. Immerhin war sie der erste weibliche Actionstar der Filmgeschichte – und, streng genommen, eine Betrügerin. Nachdem sie wegen einer Rückenverletzung ihre Karriere als Zirkusreiterin aufgegeben hatte, durfte sie auch beim Film nicht alle Stunts selbst ausüben. Aber in dem Serial The Perils of Pauline (1914) strahlt sie solch eine unbändige Energie und Abenteuerlust aus, dass das Publikum ihr jede halsbrecherische Aktion abnahm, ob im Flugzeug oder unter Wasser (Dienstag im Arsenal) Ihre größte Leistung bestand darin, Gesundheit auszustrahlen. Tatsächlich aber musste sie ihre körperlichen Beschwerden mit Alkohol und Drogen betäuben. Sie war längst geistig umnachtet, als sie 1938 in Paris starb.

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