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CITY Lights: Jäger und Sammler

Silvia Hallensleben kann den Potsdamer Platz nicht finden.

Eigentlich sollte Hildegard Knef die Rolle der Frederica in The Big Lift spielen. Dann wurde sie kurzfristig durch Cornell Borchers ersetzt. Vermutlich war ihr Hang zu nützlichen Männern (nach Reichsfilmdramaturg Demandowsky der US-Filmoffizier Kurt Hirsch) doch zu nah an der Story auf der Leinwand. George Seatons Drama um einen US-Luftbrückenpiloten (Montgomery Clift), der sich von einer jungen deutschen Witwe mit zweifelhafter Vergangenheit den Kopf verdrehen lässt, ist ein Propagandastück für Fliegerkühnheit und den American Way of Life – und dürfte zudem Fans des Tempelhofer Flughafens mit ausführlichen Rollfeldszenen entzücken. Doch auch sonst gibt es bei dem in semi-dokumentarischer Manier an Originalschauplätzen gedrehten Film (Sonnabend im Zeughaus-Kino) bemerkenswerte Einsichten in das zerstörte Nachkriegsberlin. Geschwindelt wurde auch hier: Da man für den russischen Sektor keine Drehgenehmigung bekam, musste der Moritzplatz – noch mit Kaufhausruine – als Potsdamer Platz herhalten.

Gleich um die Ecke liegt das Filmhaus. Dort hat auch die Deutsche Kinemathek ihren Sitz, die sich – neben dem Zeughaus-Kino – der Sammlung, Erforschung und Präsentation deutscher Filmgeschichte widmet. Unter Cineasten haben Archivare den Ruf, vor lauter Sorge um ihre Kopien die Filme am liebsten im Regal verstauben zu lassen. Doch auch in die Archivstuben zieht zusehends ein publikumsoffenerer Geist ein. Deutlich wird das etwa an Stefan Drößler, der sich vor der Übernahme des Münchner Filmmuseums als Betreiber eines ambitionierten Bonner Programmkinos profilierte. Freitagnachmittag spricht er im Arsenal bei einem von der Kinemathek veranstalteten Symposium Die digitale Herausforderung: Perspektiven für Archive, Film- und Kinomacher über die Veränderung kommunaler Kinoarbeit durch digitale Medien.

Reagieren lässt sich da unterschiedlich: Der kalifornische Filmesammler Rick Prelinger, der den Eröffnungsvortrag hält, stellt auf www.archive.org/details/prelinger einen rechtefreien Teil der riesigen Sammlung aus „ephemeren“ Filmen des Werbe-, Industrie- und Lehrfilmbereichs zur Verfügung. Wer ausgewählte Preziosen lieber auf der Leinwand sieht, bekommt dazu in drei von Prelinger präsentierten Programmen Gelegenheit. Memories of Persuasion präsentiert am Sonntag vier Filme von 1938 bis 1956, die für Unternehmertum und soziale Ordnung werben sollten. In „Destination Earth“ (1956) etwa entdeckt Colonel Cosmic bei einem Ausflug vom totalitären Mars zur Erde die Freuden von Marktwirtschaft und billigem Öl. Die Inhalte sind gar nicht so fern von heutigen propagandistischen Eskapaden. Nur dass das Öl ein bisschen teurer geworden ist.

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