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City Lights: Nachts sind alle Küsse blau

Ein Kino-Rundgang: Silvia Hallensleben erprobt in Berlin den gepflegten Grusel.

Schwer zu sagen, was schräger ist: Die Idee der Moviemento-Macher, das untergegangene Nachtkino-Leben durch ein After Hour Screening wiederzubeleben. Oder der Film, der zur Premiere zum Einsatz kommt: Tony Scotts The Hunger (Begierde), ein 1983 in New York spielender new-wave angehauchter Vampirfilm mit Catherine Deneuve, Susan Sarandon und David Bowie in einer größeren Nebenrolle. Die Geisterstunde beginnt im Moviemento allerdings erst Samstag/Sonntag nachts um halb zwei, knappe zehn Minuten davor ist Einlass. Pünktlich zum Filmstart werden die Türen wieder verschlossen: Vermutlich, um solch unliebsamen Eindringlingen den Zutritt zu verwehren, wie sie im Film ihr Unwesen treiben, perfekt gelangweilt verkörpert durch die Deneuve, die mit elaborierter Hochsteckfrisur ihre Leichen im Dachboden einer Stadtvilla versteckt. Stilistisch mischen sich expressionistische Schräglagen mit klassischer Musik und viel gestyltem 80er-Zeitgeschmack. Dazu bisschen viel Küsse zwischen wehenden Schleiern im Halbdunkel. Seinen Kultstatus erhielt „Hunger“ wohl wesentlich aus der Tatsache, dass es Sarandon und die Deneuve sind, die es hier tun.

„Freunde des schrägen Films“ nennt sich eine Reihe, die im Babylon-Mitte wöchentlich Filme aus der Trash-Ablage der Filmgeschichte versammelt: Mittwoch ist dort John Boormans Zardoz (1973) zu sehen, eine bizarre Science-Fiction-Fantasie, die sich auch als Satire auf elitäre Hippie-Mythen lesen lässt. Unsterblichkeitswunsch, Sex und klassische Musik gibt es auch hier. Charlotte Rampling ist in einer ihrer ersten Rollen zu bestaunen. Am spektakulärsten aber Sean Connery, dem vom Kostümdesign eine Kreation aus Playmate-Lendenschurz und Windelhöschen aufgezwungen wurde.

In einem weltweiten Darsteller-Hässlichkeitswettbewerb dürfte W.C. Fields Triumphe feiern, der in herrlicher Grantigkeit alles Übel der Welt auf sich vereinigt. Never Give a Sucker an Even Break (1941, Dienstag im Arsenal) ist der letzte große Film des Misanthropen, der nicht nur im Film harten Getränken leidenschaftlich verfallen war. Die anarchisch erzählte Film-im-Film-Geschichte erzählt von einem Autor, der ein hanebüchen dämliches Action-Script an das „Esoteric Pictures“-Studio verkaufen will und selbstverständlich scheitert. Das Schöne daran: Wir dürfen den Trash trotzdem sehen, natürlich ganz exklusiv.

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