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CITY Lights: Pointen und Prügel

Intelligente Unterhaltung: So lautete 1950 das Verdikt über Joseph L. Mankiewiczs Komödie Alles über Eva (Sonnabend im Filmkunst 66).

Intelligente Unterhaltung: So lautete 1950 das Verdikt über Joseph L. Mankiewiczs Komödie Alles über Eva (Sonnabend im Filmkunst 66). Der Film wurde für 14 Oscars nominiert, für die deutsche Synchronisation leistete man sich Erich Kästner als Berater, damit der Witz des Originals erhalten blieb. Niemand hätte erwartet, dass der ohnehin schon gute Ruf dieses Films sich noch verbessern würde. Aber genau das ist passiert. Jede Generation entdeckt neue Qualitäten und Subtexte, die Mankiewicz zum Teil gar nicht bewusst gewesen sind. Der größte Besetzungscoup kam durch einen Zufall zustande: Die alternde Theaterdiva Margo Channing sollte von Claudette Colbert verkörpert werden, die jedoch zehn Tage vor Drehbeginn wegen einer Rückenverletzung absagen musste. Bette Davis sprang für sie ein. Ein stärkerer Kontrast lässt sich kaum denken. Colbert war eine der elegantesten Frauen Hollywoods; bei Davis hatte man den Eindruck, sie fühle sich in einer Latzhose wohler als im Abendkleid. Sie machte aus Margo Channing eine kettenrauchende Proll Diva und aus dem Boulevardstück eine Tragikomödie. Man erfährt wenig über ihr Privatleben. Die Wortgefechte sind nicht nur witzig, sie zeugen auch von Unsicherheit und Verletzbarkeit.

Von einem Wortgefecht kann man sich erholen, selbst wenn man als Verlierer dasteht. Gegen körperliche Gewalt gibt es keine vergleichbaren Schutzmechanismen. Christian Klandt, Absolvent der HFF Konrad Wolf, war von einem Fall schockiert, der sich in seiner Heimatstadt Beeskow ereignet hat. Zwei Jugendliche haben dort einen Obdachlosen geschlagen, mit Benzin übergossen und angezündet. Um die letzten 24 Stunden vor der Tat geht es in Klandts erstem Langfilm Weltstadt, der im November 2006 gedreht wurde und bereits auf mehreren Festivals gelaufen ist (heute im Babylon Mitte). Die Nachbearbeitung hat viel Zeit beansprucht. „Weltstadt“ ist kein redseliges Sozialdrama, sondern ein ausgefeiltes Stimmungsbild voller Rätsel.

Auf eine explizite Botschaft kann ein Film verzichten, der von gewaltbereiten Jugendlichen in den neuen Bundesländern handelt; die Hintergrundinformationen hat der Kinogänger längst im Kopf. Ähnliches gilt für den Dokumentarfilm Ich will da sein – Jenny Gröllmann, der auf vielfachen Wunsch wieder ins Programm genommen wird (Kino in den Spreehöfen, Oberschöneweide). Petra Weisenburger hat die todkranke Schauspielerin in ihren letzten Lebensjahren begleitet. Dass Gröllmann nicht nach den IM-Vorwürfen gefragt wurde, die ihr früherer Mann Ulrich Mühe gegen sie erhoben hatte, war mehr als ein bloßer Akt der Höflichkeit. Die Fragen stehen ohnehin im Raum. Und da es keine eindeutigen Antworten mehr geben wird, mögen sie auch stehen bleiben.

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