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CITY Lights: Unter Tage

Frank Noack besichtigt Vorbilder der internationalen Solidarität

Die aktuelle Ausstellung über Tonfilmoperetten im Filmmuseum mag den Eindruck erwecken, in der späten Weimarer Republik sei auf der Leinwand nur musiziert und gesungen worden. Dabei hat es auch weniger publikumswirksame Versuche mit dem Ton gegeben. Zu ihnen gehörte das Experiment mit der Mehrsprachigkeit. Im Namen des Realismus wurden Soldaten und Arbeiter in ihrer jeweiligen Muttersprache vorgestellt. Das war künstlerisch ergiebig, überforderte jedoch das Publikum.

Drei Sprachen sollte man schon beherrschen, um der Handlung von Victor Trivas’ Niemandsland zu folgen (Sonntag im Arsenal). Fünf Soldaten müssen im Ersten Weltkrieg den Unterstand teilen. Erst bekämpfen sie sich, dann diskutieren sie angeregt, und zuletzt versöhnen sie sich. Eine konstruierte Situation, keine Frage, aber wahrhaftig und viel besser als der thematisch vergleichbare neuere Europudding „Merry Christmas“. Die deutsche Seite wird kraftvoll durch Ernst Busch vertreten; seine Mitstreiter sind ein Franzose, ein Engländer, ein staatenloser Jude und ein Schwarzer, der zuletzt in Paris gelebt hat.

Ernst Busch hat im Spätsommer 1931 parallel einen weiteren Beitrag zur Völkerverständigung gedreht, G.W. Pabsts Kameradschaft (Mittwoch im Arsenal). Hier gehört er zu einer Gruppe von deutschen Bergarbeitern, die von einem Grubenunglück im nahen Frankreich erfahren und versuchen, sich unter der Erde zu ihren Kumpels durchzukämpfen. Das Ergebnis war ein humanistisches und zugleich technisches Meisterwerk. Politisch saßen Trivas und Pabst zwischen den Stühlen: Sie wurden von der Rechtspresse angefeindet, weil ihre Soldaten und Arbeiter eigenmächtig handeln. Die „Rote Fahne“ bemängelte das Fehlen eines expliziten Klassenstandpunktes.

Ende der fünfziger Jahre ging es weniger um Klassenfragen als um den Generationskonflikt. Mit 38 war der Schauspieler Bernhard Wicki relativ jung, als er 1958 mit einer Außenseiterproduktion debütierte. Warum sind sie gegen uns? (Freitag im Zeughauskino) wurde vom Münchner „Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht“ finanziert. Der anklagende Titel war damals mutig, denn anders als bei den „Halbstarken“ wurde der schwarze Peter eindeutig den Erwachsenen zugeschoben. Um eine Diskussion anzuregen, riskierte Wicki ein offenes Ende; doch die Laufzeit von knapp über einer Stunde verhinderte einen Großeinsatz in den Kinos.

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