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Immer nie am Meer

© promo

Deutsche Filme: Warum Männer schlecht beifahren und Frauen gut weghören

Komödien müssen gekonnt inszeniert und geschrieben sein. Die Filme "Stellungswechsel" und "Immer nie am Meer" sind von der Königsklasse des Genres noch ein Stück entfernt.

In Maggie Perens „Stellungswechsel“ und Antonin Svobodas „Immer nie am Meer“ schwächelt die deutschsprachige Komödie. Was hat der arme William von Baskerville alles mitgemacht, bis er das zweite verloren geglaubte Poetik-Buch von Aristoteles über die Komödie findet. Doch kaum ist es zum Greifen nah, verschlingt es der alte Mönch Jorge, aus Furcht vor der subversiven Kraft der Komik. So geht die Geschichte in Umberto Ecos „Im Namen der Rose“, so geht auch ein wenig die Geschichte der deutschsprachigen Filmemacher.

Gerade sind wieder zwei cineastische Baskervilles auf der Suche nach der Komödie ausgezogen, doch gefunden haben sie sie beide nicht. Maggie Perens „Stellungswechsel" erzählt von fünf Männern (darunter: Florian Lukas), die am Leben wie an den Finanzen leiden und einen Escort-Service für Frauen eröffnen. Sie firmieren unter dem Namen „Deutsche Feinkost zum Anfassen“. Erster Genrefehler: Augenzwinkernde Doppeldeutigkeiten wie diese setzen eine Bewusstheit auf Protagonistenseite voraus, die Komödiengestalten unbedingt fehlen muss. Denn absichtsvoll ist deren Witz nie, es ist ihr Unbewusstes, dass sie komisch handeln lässt. So versichert Michael Caine alias Elliot in Woody Allens „Hannah und ihre Schwestern“, er werde seine Gefühle für die Schwägerin verbergen. Doch kaum sieht er sie, küsst er sie immerzu und umschmeichelt sie mit Liebesworten.

Der fehlende Bruch

Doch statt solche Brüche zu inszenieren, plündert „Stellungswechsel“ die Klischeekiste der Geschlechterposse und bestätigt die Zuschauererwartungen ein ums andere Mal: Der Macho-Mann will der emanzipierten Frau etwa beim Autofahren reinreden, stellt sich am Ende aber als wahres Samthäschen heraus. Derartige Befindlichkeitscollagen von Männern, die verloren gingen in der weiblichen Übermacht, hat man zuletzt so oft gesehen, dass David Denby, Filmkritiker vom „New Yorker“, unlängst sogar meinte, einen neuen Typus der romantischen Komödie ausgemacht zu haben: Mann muss erwachsen und Frau lockerer werden.

Früher wurde Liebeswirrungen weitaus origineller aufs komödiantische Tableau gebracht: „Nobody’s perfect!“, antwortet der Millionär Osgood, als er am legendären Ende von Billy Wilders „Manche mögen’s heiß“ erfährt, dass seine Braut, gespielt von Jack Lemmon, ein Mann ist. Merke: Je unvollkommener die Figur, desto besser. Und wenn sie dann noch auf Vollkommenheit aus ist, ist die Komödie perfekt.

Pseudopoetik statt Komödiantisches

Im österreichischen „Immer nie am Meer“ von Antonin Svoboda geben sich die Protagonisten (Christoph Grissemann, Dirk Stermann und Heinz Strunk) gar nicht erst die Mühe, andere zu sein, als sie tatsächlich sind. Sie wünschen sich nur an einen anderen Ort, sitzen sie doch im Auto fest, eingekeilt zwischen Bäumen. Die Panzerglas-Fenster lassen sich nicht öffnen: Es ist der Wagen von Kurt Waldheim, ersteigert über Ebay. Auf Gags versteht sich das Trio, das auch das Drehbuch verfasste, vor allem auf Wortwitz. Der ist das ursprüngliche Arbeitsmaterial der drei, die als Radiohumoristen („Show Royale“ und „Studio Braun“) bekannt wurden.

Das dort übliche Pointensetzen funktioniert in der Filmhandlung nicht, allein Strunk hat – etwa als er darauf besteht, dass die Person, deretwegen sie von der Straße abkamen, keine Joggerin, sondern eine Geherin war – das Zeug zur komischen Figur. Der Rest gerinnt zu einer Mischung aus Pseudopoetik – vor allem der Dialog, der zum Filmtitel hinleitet – und Sinnfreiheit. Komödien sehen anders aus.

„Stellungswechsel“ in 13 Berliner Kinos; „Immer nie am Meer“ in sechs Kinos.  

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