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Dokumentarfilm: "Pink Taxi": Männer raus!

Flott: Uli Gaulkes Moskauer Doku "Pink Taxi" zeichnet sich durch einen intimen, unaufdringlichen Blick auf seine Heldinnen aus.

In Sachen Weihwasser ist die orthodoxe Kirche freigiebig. Nicht nur Menschen und Tiere lassen sich segnen, sondern auch Kochtöpfe und Computer. Oder ein Taxi: Das Auto ist knallrosa lackiert, eines von 22 Fahrzeugen der Moskauer Frauen-Firma „Pink Taxi“. Am Steuer sitzen nur Frauen, und auf der Rückbank dürfen Männer nur in seltenen Ausnahmen und mit weiblicher Begleitung mitfahren.

Marina, Alla und Viktoria sind drei der Taxistas, allesamt gestandene Frauen mit schon fast erwachsenen Kindern. Und alleinstehend, ein Ehemann ist am Suff gestorben, ein anderer hat sich erst einen Jeep gekauft und ist dann damit weg auf Nimmerwiedersehen. Auch wenn das Frauentrio auf Männer nicht eben gut zu sprechen ist: Beim gemeinsamen Datschenabend nehmen sie doch den größten Teil der Gespräche und Träume ein. Westliche Russinnen-Vorurteile bezüglich Weiblichkeitswahn und Kosmetiksucht werden dabei voll bestätigt.

Das reale Leben der Frauen bestimmen die Kinder, Geldmangel und lange Schichten. Wobei der Abstand zwischen Fahrersitz und Rückbank anschaulich die soziale Spaltung im postsowjetischen Russland spiegelt. Während die Fahrerinnen nach der Schicht in enge Wohnungen an dreckigen Fluren zurückkehren, gehören ihre Kundinnen meist zum neuen Geldadel: Es sind Anwältinnen, Vertreterinnen von Kosmetik- und Unterwäschefirmen auf dem Weg zur Dienstreise, einmal auch eine frisch verliebte junge Erbin aus der Welt der Erdölindustrie. So übernehmen die Protagonistinnen und ihre Gäste, eifrig plaudernd, selbst einen Teil der Erkundungsarbeit, die gemeinhin dem Filmemacher obliegt.

Der Dokumentarfilmer Uli Gaulke hat sich nach seinem Debüt „Havanna mi amor“ (2000) mit „Heirate mich“ und „Comrades in Dreams“ als aufmerksamer und einfühlsamer Beobachter menschlicher Träume und Leidenschaften ausgewiesen. Auch „Pink Taxi“ (mit Gaulkes langjährigem Kameramann Axel Schneppat) zeichnet sich durch einen intimen, unaufdringlichen Blick auf seine Heldinnen aus. Und verzichtet – beim Dreh im Auto durchaus eine Leistung – auf hektische Wackelbilder. Da offenbar meist nachts (was schöne Stadtansichten liefert) und an Sonntagen gedreht wurde, wirken die eigentlich stauverseuchten Straßen Moskaus erstaunlich geräumig.

Leider bleibt in „Pink Taxi“ der geschäftliche Hintergrund allzu schwach ausgeleuchtet: Wo kommen die Kundinnen her? Wie ist das Geschäft organisiert? Handelt es sich um eine Kooperative oder gibt es einen Chef? Wohin gehen die Einnahmen? Fragen, die naheliegen und den Zuschauer beschäftigen, aber im Film keine Antwort finden.

Central und Krokodil (beide OmU)

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