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© Universal

"Duplicity": Locken auf der Glatze

Gefährliche Kosmetik: Julia Roberts und Clive Owen in der Agentenkomödie "Duplicity".

Es ist ein Zusammenspiel der Extraklasse: Clive Owen, an der James-BondRolle zugunsten von Daniel Craig haarscharf vorbeigeschrammt, beweist einmal mehr, dass er womöglich ein besserer Agent gewesen wäre. Und Julia Roberts könnte es vielleicht eines Tages noch zu einer veritablen Geheimdienstchefin M bringen, wäre sie nicht Amerikanerin. Den beiden in „Duplicity“ zuzusehen, wie sie sich als Screwball-Paar belauern, ist ein besonderes Vergnügen. Und auch wenn manchmal nicht mehr klar ist, wer wem misstraut und warum, weil es die Protagonisten nämlich selbst nicht wissen, hat man es bei diesem Film von Tony Gilroy mit einer umso romantischeren Agentenkomödie zu tun.

Beim zeitgemäßen Spionieren geht es natürlich um Geld und nicht mehr um Ideologien, es sind international agierende Wirtschaftsspitzel, die den global players ihre Dienste anbieten, um einander eine geheime Rezeptur eines Kosmetikartikels abzuluchsen. Ausgerechnet ein Haarwuchsmittel ist das Objekt der Begierde, ein ironischer Seitenhieb auf den Wirtschaftssektor, in dem im 21. Jahrhundert – Krise hin oder her – wahrscheinlich das meiste Geld zu machen ist, mal abgesehen vom Waffenhandel.

Ray, ehemaliger britischer Agent, und Claire, früher CIA, sind aus dem Staatsdienst ausgeschieden und arbeiten jetzt als Industriespione; vor Jahren hatten sie sich näher kennengelernt; damals war Claire auf Ray angesetzt worden, um ihm geheime Unterlagen zu stehlen. Auf einem Botschaftsempfang in Dubai ließ sie sich, spröde und abweisend bis an die Grenze des für ihn eben noch Erträglichen, von ihm abschleppen und klaute ihm, während er im postkoitalen Schlummer lag, die nicht sehr professionell versteckten Dokumente. Doch Pech, dass Ray so attraktiv war: Als sie ihn nach Jahren wieder trifft, ist sie immer noch fasziniert, umgekehrt natürlich sowieso. Schließlich muss Ray Punkte aufholen im Kampf der Agenten, der in diesem Fall natürlich auch ein Geschlechterkampf ist.

Die beiden Topagenten beschließen zusammenzuarbeiten, sozusagen auf eigene Rechnung, und das heißt, sie wollen noch schneller sein als die konkurrierenden Spionagedienste, sich in den Besitz der Formel bringen und sie dann in die Schweiz verkaufen, um den Rest ihres Lebens alle Sorgen los zu sein. Dass sie bis dahin auch einander misstrauen, liegt auf der Hand: Jeder von beiden ist in der Lage, die professionellen Deformationen des anderen einzuschätzen und auch die Einschränkungen, die der Zwang zur permanenten Verstellung im wirklichen Leben mit sich bringt.

Mit einer Dramaturgie aus Rückblenden und Zeitsprüngen hat Tony Gilroy, der im Spionage-Genre versierte Regisseur von „Michael Clayton“ (2007) und Drehbuchautor der „Bourne“-Trilogie, seine Geschichte inszeniert: Es scheint ihm ebenso viel um Vertrauen, Liebe, Eifersucht und Beziehungsprobleme unter extremen Umständen zu gehen wie um den Agentenplot. Dafür spricht auch die Wahl von zwei Stars, die gegen ihren Typ besetzt sind. Julia Roberts ist ernster, schmaler und weniger zappelig als in ihren romantischen Komödien „Pretty Woman“ (1990) oder „Die Braut, die sich nicht traut“ (1999), und das steht ihr gut. Schon in „Der Krieg des Charlie Wilson“ hatte sie eine atemberaubende Performance als intrigante Society Lady hingelegt. Sie scheint fest entschlossen, ab jetzt erwachsene Rollen zu spielen – mit 42 Jahren keine schlechte Entscheidung, wenn man nicht wie Diane Keaton enden will.

Und Clive Owen, den man zuletzt in Tom Tykwers „The International“ als asketischen, ungesunden, schlaflosen und dauergehetzten Agenten sah, spielt Ray so heiter und lebenslustig, freundlich und manchmal sogar ein bisschen tumb, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, es handele sich bei Claire um die Gerissenere von den beiden. „Duplicity“ ist perfektes Unterhaltungskino – bestens geeignet zum Kriseneskapismus.

Der Film startet am Donnerstag in 14 Berliner Kinos, OV Cinestar Sony-Center

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