zum Hauptinhalt

Giorgio Diritti: Lichtblick fürs italienische Kino

Neues italienisches Kino: "Il vento fa il suo giro" ist ein Spielfilm, den Giorgio Diritti wie einen Dokumentarfilm gedreht hat. Ein Lichtblick für Italien.

Das Tal ist eng, die Geister sind es auch. Durch viele Tunnel muss fahren, wer hierhinwill, viele Kurven, viel Schnee, und die Steinhäuser sind schäbige Ruinen. Kein Wunder, dass wegzieht, wer kann. Weg aus Chersogno, wo die meisten Häuser nur noch in den Sommermonaten bewohnt werden. Und wo die verbleibenden Dorfbewohner jeden Ankömmling mit Misstrauen beobachten. Man spricht nicht viel, in Chersogno.

Doch wenn man spricht, spricht man Okzitanisch, jene uralte Sprache der Langue d’Oc, die schon von Petrarca gerühmt wurde und heute noch in 13 Alpentälern gesprochen wird. Kein Wunder, dass die Dorfeinwohner darum kämpfen, nicht zu vielen Einflüssen von außen ausgesetzt zu werden. Toleranz ist hier falsch, erläutert der Bürgermeister. Wer zu tolerant ist, verliert sich selbst.

Das bekommt auch ein französischer Schäfer zu spüren, der mit Frau, Kindern und Ziegenherde ins Dorf zieht. Die anfängliche Begeisterung (guter Käse! süße Kinder!) schlägt um in Ablehnung (Ziegen machen Dreck! Kinder machen Lärm!). Der schroffe Schäfer tut das Seinige, den Konflikt zu schüren. Am Ende ist das Experiment gescheitert, die Fremdenfeindlichkeit hat gesiegt.

Giorgio Diritti, hauptsächlich als Dokumentarfilmer bekannt, hat seinen ersten Spielfilm wie einen Dokumentarfilm gedreht, mit Laiendarstellern aus Chersogno, großartigen Landschaftsbildern und viel Zeit, in der man den Konflikt entstehen sieht. „Der Wind zieht seinen Weg“, 2006 mit Niedrigstbudget gedreht, lief erfolgreich auf Festivals, auch beim Wander-Festival „Cinema Italia“ in Deutschland, und wurde in Mailand in einem einzigen Kino per Mundpropaganda zum Überraschungserfolg. Ein ähnlicher Fall wie Gianni di Gregorios vergnüglicher „Pranzo di Ferragosto“ über eine römische Alters-WG, der ebenfalls gerade in Deutschland gestartet ist. Kleine, billige, unperfekte Filme, die von viel Sehnsucht erzählen. Sehnsucht nach Identität. Sehnsucht nach einem anderen Kino. Ein Lichtblick für Italien.

Central, fsk am Oranienplatz, Lichtblick-Kino (alle OmU)

Christina Tilmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false