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Henri

© Ziegler Film

Glaubensdkrieg: "Henri 4": Held her!

Grob: Jo Baiers Heinrich-Mann-Adaption "Henri 4" ist eine Materialschlacht im Namen der Vernunft.

Heinrich Mann schrieb seine Heinrich-Romane während des Exils, denn es ist gut, schon aus der eigenen Arbeit zu wissen, dass die Vernunft siegt. Mann brauchte für diesen Nachweis 1500 Seiten. Die Produzentin Regina Ziegler hatte im Herbst 2001 die Idee, den Stoff zu verfilmen. Schließlich geht es nicht nur um den Sieg der Vernunft, sondern auch um deren Herkunft – in der folgenreichen Wandlung eines Glaubenskriegers.

Die Tonspur verrät schon in den ersten Minuten den Charakter des Films: Das hier wird eine Materialschlacht im Namen der Vernunft. Blut und Tod für den Sieg der Ratio! Dazu bekennt eine kindliche Off-Stimme, eine glückliche Kindheit gehabt zu haben. Seltsame Schwerfälligkeiten, Unbeholfenheiten am Anfang, und wie Nostradamus sich dem Königskind Henri nähert, um ihm zu prophezeihen, was aus ihm werden wird – das ist schon eine Zirkusnummer.

In einem Kriegsfilm (Regie: Jo Baier) Krieg zu zeigen, ist nicht verwerflich, doch jede Materialschlacht enthält das Risiko, dass das Material alles Lebendige unter sich begräbt. Doch dann begegnen wir Ulrich Noethen, der real existierenden Neurose der Macht auf Frankreichs Thron, aus purer Angst zu fast jeder Grausamkeit fähig, seinerseits beherrscht von der Mutter Katharina de Medici. Und plötzlich kommt eine psychische Kraft ins Spiel, ja ein Sog, der sich die Ausstattungsorgie unterordnet. Mit Devid Striesow als nächstem Thronfolger – noch selbstverliebter als sein Bruder und Lieblingssohn der Mutter – und schließlich, wunderbar grausam-komisch, Gabriela Maria Schmeide als von Henri verschmähter Marie de Medici behauptet das Lebendige seinen Vorrang. Und doch sind sie alle nur Nebenfiguren auf Henris Weg zur Vernunft.

Julien Boisseliers Henri, einst kleiner protestantischer König von Navarra, bevor er Herrscher von Frankreich wurde, wirkt nicht selten als einziger Mensch unter lauter Larven der Macht: schön, edel, gut und begabt in der Liebe. Das sieht man gern, doch etwas unguter, unedler wäre der Mann, der schließlich 1598 das Edikt von Nantes über die Religionsfreiheit erlässt, womöglich glaubhafter gewesen: Henri IV., der erste Humanist auf dem Thron.

Einen Irrtum sollte man vielleicht noch aufklären: Katholiken und Protestanten an der Macht schlüpften fast nie aus düsteren Glaubensverliesen ans Licht der Vernunft. Wir begegnen hier lauter Renaissance-Menschen, die die Religion längst hinter sich haben und nur mehr als Vorwand schätzen, um einen Krieg anzuzetteln. Diesen Vorwand schlägt Henri ihnen aus der Hand.

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