zum Hauptinhalt

Hollywood: Bye, bye Blockbuster

Die Zahl vier ist offenbar die magische Obergrenze für Siegerfilme bei den Oscars geworden, immerhin schon zum vierten Mal in Folge. Nach den Äonen von Blockbuster-Überfliegern mit immer wieder mal zweistelligem Oscar-Ergebnis ist das ein gutes Zeichen.

Schade, dass der für den besten Schnitt nominierte Roderick Jaynes wieder nicht gewonnen hat. Nicht nur, dass er die Zahl der Oscars für „No Country for Old Men“ auf stattliche fünf hochgeschraubt hätte; es wäre auch eine prima Gelegenheit gewesen, den seit „Barton Fink“ getreuen Mitstreiter der Coen-Brüder endlich on stage zu sehen. Im Presseheft zum Film rühmen sie einmal mehr seine schillernde Vita, „seit er in den Dreißiger Jahren in den Shepperton Studios den Teewagen chauffierte“. Und sein Lieblingshobby natürlich: „das Sammeln von Margaret-Thatcher-Aktbildern, von denen die meisten dem lebenden Vorbild nachempfunden sind“.

Es hat nicht sollen sein, und so erklommen Joel und Ethan Coen nur dreimal die Bühne, als Autoren, Regisseure und Produzenten – denn auch hinter Roderick Jaynes verbirgt sich, schönes Insiderwissen, das symbiotischste Brüderpaar Hollywoods. Den vierten „No Country“-Oscar nahm mit Javier Bardem der wahrscheinlich dominanteste Nebendarsteller der 80-jährigen Oscar-Geschichte entgegen, zuletzt ebenso haushoher Favorit in seiner Kategorie wie der Film selber. Und, siehe da, die noch vor zwei Wochen streikbedingt totgeglaubten Oscars 2008 feierten ein harmonisches, flottes und entspanntes Happyend.

Die Zahl vier ist offenbar überhaupt die magische Obergrenze für Siegerfilme geworden, immerhin schon zum vierten Mal in Folge. Nach den Äonen von Blockbuster-Überfliegern mit immer wieder mal zweistelligem Oscar-Ergebnis ist das ein gutes Zeichen. Die Konkurrenz vergleichbar beeindruckender Filme wird dichter; zugleich wendet sich Hollywood ernsthaften Themen zu, ohne sich deshalb vom Genre-Stoff abzuwenden. Fast möchte man sagen, zum Autorenfilm: Paul Haggis schrieb das Buch zum „Million Dollar Baby“ (vier Oscars) und zu seinem eigenen „L.A. Crash“ (3 Oscars). Martin Scorsese – vier Oscars für „The Departed“ – drückt ohnehin jedem Film seinen unverwechselbaren Stempel auf.

Tritt man den Amerikanern zu nahe, wenn man ein weiteres bemerkenswertes Quartett dieses Jahres mit dem Trend zum Superqualitätsfilm in Verbindung bringt? Alle obsiegenden Schauspieler sind Europäer: die Briten Daniel Day-Lewis und Tilda Swinton, die Französin Marion Cotillard und der Spanier Javier Bardem. So überrascht sich Swinton und Cotillard – „Es macht nur noch Bäng, Bäng, Bäng!“ – bei der Verleihung zeigten, die Entscheidung des 5829 Köpfe zählenden Academy-Plenums hat etwas Programmatisches. Und Tröstliches, auch angesichts der erneut weltweit finanziell erfolgreichen US-Serienprodukte des vergangenen Jahres. Die kulturelle Globalisierung ist keine Einbahnstraße.

Bleiben die Verlierer. Am bittersten hat es das Liebeshistorienkostümdrama „Abbitte“ getroffen, einen klassischen – und schon seltsam altmodisch anmutenden – Anwärter auf das Kumulieren in den Nebenkategorien. Der starke „Michael Clayton“ musste sich dagegen noch stärkerer Konkurrenz beugen – darunter, wenn auch knapp, „There Will Be Blood“. Ob Paul Thomas Anderson, dessen erdrückend wuchtiges Öl-Epos unisono gerühmt wurde, mit nur zwei Oscars nun Trauer trägt? Kein Grund. Er ist 37, für Academy-Verhältnisse fast noch ein Kinderstar. Seine Zeit kommt, ganz bestimmt. Jan Schulz-Ojala

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false