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Kinderfilm: Wickie und die wilden Fremden

Mit bewährter Situationskomik ködert er die kleinen Zuschauer, mit viel Ironie und launigen Anspielungen die großen. Bully Herbig entdeckt den Kinderfilm: "Wickie".

Von Maris Hubschmid

Donnerstags, zehn nach fünf: Wer 1974 Kind war, war an diesen Nachmittagen fest verabredet – mit Wickie, dem rotschöpfigen Wikingerjungen und seinen starken Männern. Seither haben Generationen von TV-Guckern die Abenteuer des pfiffigen Zeichentrickhelden verfolgt, noch heute wird die 78-teilige Serie regelmäßig wiederholt.

Kein leichtes Unterfangen, an diese Erfolgsgeschichte mit einer Realverfilmung anzuknüpfen. Komiker Michael Bully Herbig scheut derlei Wagnisse nicht, immerhin veralberte er schon Winnetou, Star Trek, Sissi und Hui Bu. Nun hat er das Wikingerdorf Flake am Walchensee entstehen lassen.

Die Handlung ist neu, mit manchen vertrauten Elementen: Flake wird von einer Horde wilder Fremder überfallen, die alle Kinder rauben – bis auf Wickie (Jonas Hämmerle), der sich beim Drachenfliegen in einer Baumkrone verfangen hat. Vater Halvar (Waldemar Kobus), der Wikingerchef, macht sich mit seiner Bande auf, den Nachwuchs zu befreien. Entschlossen, Freundin Ylvi (Mercedes Jadea Diaz) zu retten, schleicht sich Wickie als blinder Passagier auf das Schiff. Zum Glück – denn die Mannschaft wird noch auf seine Hilfe angewiesen sein.

Im übrigen orientiert sich Herbig strikt an der Trickfilmvorlage. An Bord: die sich ständig streitenden Tjure (Nic Romm) und Snorre (Christian A. Koch), der stets entzückte Gorm (Mike Maas) und der weise Urobe (Olaf Krätke). Zwecks Originaltreue verzichtete Herbig erstmals auf die Verpflichtung prominenter Schauspieler und setzte auf ein offenes Fernsehcasting. Für sich selbst fand Bully, auch Drehbuchautor und Koproduzent, „eine klitzekleine Rolle“: Die hinzugedichtete Figur des Congaz vom spanischen Depeschendienst taucht immer wieder auf, um das Geschehen für die Nachwelt zu dokumentieren. Außerdem geben sich Christoph Maria Herbst und Jürgen Vogel die Ehre (laut Herbig ein „Geschenk an die Maskenbildner“). Günther Kaufmann, der vorausschauend extra ins Dschungelcamp gezogen war, um das Unzivilisiertsein zu üben, mimt den Barbaren überzeugend.

Mit bewährter Situationskomik ködert Herbig die kleinen Zuschauer, mit viel Ironie und launigen Anspielungen die großen. Wenn er das eigens gezimmerte Schiff über eine Insel tragen lässt, lacht das junge Publikum über den nimmersatten Faxe, der – einem Braten hinterherlechzend – als Zugtier eingespannt wird. Die Erwachsenen hingegen, jedenfalls die Cinephilen unter ihnen, fühlen sich an Werner Herzogs „Fitzcarraldo“ erinnert. Herbig selber segelt ganz in ein neues Genre: weg von Klamotte und Klamauk, hin zum gut gemachten, liebevollen Kinderfilm.

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