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Komödie: "Au Revoir Taipeh": Umsteigen!

Der chinesisch-amerikanische Regisseur Arvin Chen macht die taiwanesische Metropole zur Welthauptstadt des Liebeskummers und setzt dabei auf eine Mischung aus skurrilem Humor, Poesie und Melancholie.

Goodbye Hongkong, bienvenue Taipeh! Mitte der 90er-Jahre hatte der Filmemacher Wong Kar-wei begonnen, Hongkong im Kino als Metropole der gebrochenen Herzen zu etablieren. Unvergessen bleibt der liebeskranke Polizist, der sich in „Chungking Express“(1996) auf der Suche nach dem Verfallsdatum der Liebe durch die Megacity treiben lässt. Und erst die wunderbare Maggie Cheung, die in „In the Mood for Love“ (2000) mit unnachahmlicher Eleganz durch Hongkongs Gassen schreitet und sich vor Sehnsucht nach ihrem Geliebten verzehrt. Mit seinem Spielfilmdebüt „Au Revoir Taipeh“, der dieses Jahr bereits im Forum der Berlinale zu sehen war, schickt sich der chinesisch-amerikanische Regisseur Arvin Chen nun an, die taiwanesische Metropole zur Welthauptstadt des Liebeskummers zu machen.

Dabei setzt er weniger auf stilvolle Melodramatik als auf eine Mischung aus skurrilem Humor, Poesie und Melancholie. Mit Wong Kar-wei teilt Arvin Chen aber neben der Liebe zu leuchtenden Farbkompositionen auch das Gespür für den Puls des Urbanen. Auf den Straßen tobt der Autoverkehr, auf den nächtlichen Märkten drängen sich die Menschen, aber aus dem Off klingen groovige Jazzklänge und die Kamera hält den Focus auf eher unscheinbare Helden der Liebe. Abend für Abend kauert Kai (Jack Yao) auf dem Fußboden der Buchhandlung mit dem Französisch-Lehrbuch auf dem Schoß. Seine Freundin ist nach Paris entschwunden.

Jetzt büffelt er Französisch, spart für ein Ticket in die Stadt der Liebe, um das Herz seiner Geliebten zurückzugewinnen. Aber das bisschen Geld, das er im Restaurant seiner Eltern verdient, reicht nicht aus. Da bietet der Triadenboss aus dem Kiez seine Hilfe an. Bruder Bao (Frankie Gao) ist selbst frisch verliebt und findet, dass Schutzgelderpressung, Prostitution und das Kredithai-Gewerbe nicht mehr zu seinem Lebensgefühl passen. Nur noch ein letzter Coup, für den Kai einen Botengang erledigen soll.

Das Päckchen sorgt für absurde Verwicklungen, in die neben Kai und der Buchhändlerin Susie (Amber Kuo) ein Polizist (Joseph Chang) mit Trennungsproblemen und eine in unauffälligem Orange gekleidete Nachwuchsgang involviert sind. Hektik kommt selten auf, weil die Beteiligten auf der Jagd nach dem Päckchen ihren eigenen Gefühlen hinterherspüren. Bei Verfolgungen weist das Ordnungspersonal außerdem darauf hin, dass das Rennen auf dem U-Bahnsteig verboten ist. So treibt der von Wim Wenders koproduzierte Film in gelassenem Erzählfluss durch die neonbunte Nacht Taipehs mit seinen Parks, Garküchen und Stundenhotels. Und der in den USA aufgewachsene Arvin Chen macht deutlich, dass seine Liebe nicht nur den zärtlich gezeichneten Figuren, sondern ebenso seiner taiwanesischen Heimatstadt gehört. Dort ist auch für die Liebeskranken das Glück zum Greifen nah. Martin Schwickert

OmU: Central, Moviemento

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