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Komödie: Vier Freunde für ein Halleluja

Ein Koch, ein Postkartenverkäufer dessen Oma und die hübsche aber magersüchtige Nachbarin Camille leben unter einem Dach - was das bedeuten kann zeigt der Film „Zusammen ist man weniger allein“.

Vielleicht gibt es, bei gleißendem Saallichte besehen, nur zwei Sorten von Kinogängern. Die einen finden die Wirklichkeit auf die Dauer ein bisschen langweilig – und suchen drum Zerstreuung, Anregung, Unruhe, Verstörung, ja: Thrill auf der Leinwand. Die anderen finden die Wirklichkeit aufregend, verstörend, garstig genug – und sehnen sich deshalb im Kino nach Harmonie. Und, vor allem, nach ein bisschen Ruhe.

Letztere Zuschauergruppe ist in Claude Berris „Zusammen ist man weniger allein“ auf das Vorzüglichste aufgehoben. Wenn Filmedrehen bedeutet, guten Menschen bei guten Werken zuzusehen, dann sind diese 97 Minuten nichts Geringeres als eine Einladung ins Paradies auf Erden. Eine, die sich zudem für die Gastgeber lohnen dürfte: Das Werk gründet auf einem bereits sehr drehbuchnah angelegten, gesprächsfreudigen Roman der Französin Anna Gavalda, der allein in Deutschland binnen zwei Jahren eine knappe Million Leser fand – ruhebedürftige Leser, versteht sich.

Zum energetischen Nulltarif allerdings ist der Seelenfrieden nicht zu haben. Siedeln die vier Protagonisten doch zunächst keineswegs auf der Sonnenseite des Lebens: Franck, ein junger, bindungsgestörter Koch mit beklagenswertem Minimum an Freizeit, wohnt in Paris zur Untermiete bei einem kontaktscheuen, zwangsneurotischen, stotternden Kauz namens Philibert (welchselber als Postkartenverkäufer mehr schlecht als recht Dienst tut) und kümmert sich zudem um seine Oma Paulette, die sich in ihrem Häuschen in der Provinz einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen hat, weshalb nun der Umzug ins Pflegeheim droht. Und dann ist da noch, rührend erbärmlich ärmlich behaust in einer winzigen Mansarde, Francks und Philiberts Nachbarin: Die hübsche, aber magersüchtige Camille, ein im Übrigen begnadetes Zeichentalent, muss sich als Putzfrau durchschlagen.

Aber wozu sind wir Menschlein auf der Welt, wenn wir einander nicht helfen und stützten? Also zieht Camille bei den beiden Männern ein, weckt Philiberts schlummerndes Schauspielbegabung und bietet an, hinfort Paulette zu versorgen, die folglich hurtig das WG-Quartett komplettiert. Dass Verwicklungen auch amouröser Art nicht ausbleiben, dürfte ebenso wenig überraschen wie die Tatsache, dass sie sich allesamt zum allgemeinen Wohlgefallen lösen lassen. Und auch für Paulette hat die hier einmal ausnehmend freundliche Natur ein Happy End vorgesehen. Hauptsache, alles bleibt in der (Ersatz-)Familie.

In Anna Gavaldas Buch finden sich Spurenelemente von Ruppigkeit, die das machtvoll ins Putzige drängende Geschehen immerhin augenblicksweise spannend machen. Der Film dagegen ist, durchperlt von artig aufgelösten Klavier-Akkorden, von Anfang bis Ende zuckersüß geraten – was vor allem den Verehrern von Audrey Tautou gefallen dürfte. Ihre Camille ist ein so herzensgut verlorenes, zudem mit einer Rabenmutter geschlagenes Geschöpf, dass nur garstige Harmonieverächter ihr das bisschen Glück verübeln, das sie sich mit sanften Blicken aus wunderdunklen Augen erkämpft. Darauf eine Tarte aux myrtilles – aber bitte mit Sahne!

Adria, Cinemaxx Potsdamer Platz, Cubix am Alex, Filmpalast, Filmtheater am Friedrichshain, Kulturbrauerei; OmU im Cinema Paris

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