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Natasha Richardson ist tot

© dpa

Nachruf: Natasha Richardson: Anmut und Sachlichkeit

Sie legte keinen Wert darauf, ein Star zu sein: Ein Nachruf auf Natasha Richardson. Die britische Schauspielerin starb im Alter von 45 Jahren nach einem Skiunfall.

Berühmte Eltern zu haben, wird von der Boulevardpresse gern als Fluch dargestellt. Zuletzt ist im Zusammenhang mit Guillaume Dépardieu versucht worden, das tragische Scheitern als unvermeidbar zu betrachten, wenn der Sohn nicht mit dem übermächtigen Vater konkurrieren kann. Vanessa Redgrave jedenfalls musste sich nie Vorwürfe wegen der Entwicklung ihrer Kinder machen. Aus ihrer Ehe mit dem Regisseur Tony Richardson sind zwei Töchter hervorgegangen: Natasha und Joely. Beide haben den Schauspielerberuf gewählt, und schon die stattliche Erscheinung – sie sind 175 und 178 cm groß – lud zu Vergleichen mit der Mutter ein. Ohne dieselbe kultische Verehrung zu genießen, haben beide Töchter eine eindrucksvolle Karriere vorzuweisen.

Natasha Richardson stand bereits mit vier Jahren vor der Kamera. Das Kolonialepos „Der Angriff der leichten Brigade“ (1967) wurde von ihrem Vater inszeniert; ihre Mutter spielte die weibliche Hauptrolle. Statt sich auf ihr Aussehen zu verlassen, absolvierte Natasha eine klassische Ausbildung und bewährte sich auf der Bühne als Ophelia und als Nina in Anton Tschechows „Möwe“. Im Kino verkörperte sie zweimal historische Persönlichkeiten: die Dichterin Mary Shelley in Ken Russells „Gothic“ (1986) und die entführte Millionärstochter Patty Hearst in dem gleichnamigen Film von Paul Schrader. Sie wurde bevorzugt in Kostümfilmen und Literaturadaptionen besetzt. Zu Volker Schlöndorffs „Die Geschichte der Dienerin“ (1990) und Paul Schraders „Der Trost von Fremden“ (1991) hat Harold Pinter das Drehbuch verfasst.

Mit Ehemann Liam Neeson und Jodie Foster spielte sie im Drama "Nell"

In all diesen Filmen spielte sie zurückhaltend, unterkühlt, sachlich. Sie legte keinen Wert darauf, ein Star zu sein. Doch ihre größten Erfolge feierte sie auf der Bühne. Eugene O'Neills „Anna Christie“ (1993) bescherte ihr einen doppelten Triumph, denn sie verzauberte das Brodway-Publikum und ihren Kollegen Liam Neeson, der ihr zweiter Ehemann und Vater ihrer zwei Kinder wurde. Das Paar war auch an der Seite von Jodie Foster in dem Drama „Nell“ (1994) zu sehen.

Wie wenig das Kino mit Natasha Richardson anfangen konnte, zeigte sich im März 1998, als Sam Mendes und Rob Marshall ihre Inszenierung von „Cabaret“ präsentierten. Die im Film so ernste, nachdenkliche Redgrave-Tochter verblüffte auf der Bühne mit ihrer Darstellung der Sally Bowles und gewann dafür einen Tony Award. Sie wagte sich auch an die Rolle der zerbrechlichen Blanche du Bois in Tennessee Williams' „Endstation Sehnsucht“.

Hinter der Rolle verschwinden - aus Souveränität

Dann wurde ihr endlich wieder eine starke Filmrolle angeboten: David Mackenzies „Asylum“, im Februar 2005 auf der Berlinale uraufgeführt, behandelte das Lady-Chatterley-Motiv: Die unausgefüllte Ehefrau eines Psychiaters beginnt eine Affäre mit einem sadistisch veranlagten Anstaltsinsassen. Natasha Richardson wahrte, trotz vollen Körpereinsatzes, emotionale Distanz. Statt sich Zuschauersympathien zu erkämpfen, verschwand sie hinter ihrer Rolle. Nicht aus Unsicherheit oder Gleichgültigkeit, sondern aus Souveränität.

Der Tod, im Alter von 45 Jahren, kam viel zu früh. Am Montag ist Natasha Richardson im Skigebiet Mont Tremblant nahe Quebec auf der Piste gestürzt und, da keine Verletzungen zu erkennen waren, nicht sofort behandelt worden. Doch ihr Zustand verschlechterte sich, und am Dienstag wurde sie in die USA geflogen. Dort ist sie in der Nacht zum Donnerstag gestorben.

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