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Evolet

© Warner

Urzeit-Saga: Flattervieh und Speerzahntiger . . .

. . . und Mammuts, die vor Zahnstochern fliehen: Roland Emmerichs "10000 B.C." lässt den Zuschauer ratlos zurück. Hat der Regisseur das wirklich ernst gemeint?

Wer hätte gedacht, dass Roland Emmerich Humor hat? Ungewaschene Zottelmenschen machen eine Reise: „Du bist jetzt Jäger!“ - „Was, ich?“. Fleisch fressendes Flattervieh und zärtliche Speerzahntiger laufen den Verdutzten hinterher, durch Wind und Wetter („Es ist heiß hier“) um den halben Globus – doch, keine Sorge, die Gesichtsschlammpackung hält. Mammuts fliehen vor Zahnstochern, dicke Tanten machen Prophezeiungen, und ein Opfer für den Gottkönig verläuft so: Jemand, der dumm rumsteht, bekommt einen Schubs und fällt. Oops, Genickbruch. Eine Szene wie von Monty Python.

Ganz weit draußen und vor langer Zeit lebt ein Stamm von Mammutjägern. Es ist idyllisch, vor allem seit Evolet unter ihnen wohnt. Das Mädchen ist was Besonderes, denn es hat blaue Augen und wäscht sich. Dann kommen die Bösen aus dem Morgenland (arabisch, schwul oder beides) und entführen die Starken und Schönen. D’leh (Steven Strait), oder „der kleine Junge hinter dem großen Berg“, und Tic'tic (Cliff Curtis), Träger des weißen Speers, konnten sich in Sicherheit bringen und folgen nun heimlich den Sklavenjägern. Auf dem Weg sammeln sie alles auf, was an Volksstämmen so herumlungert, dann stößt die angeschwollene Multikulti-Friedenstruppe barfüßig auf Zivilisation. Die haben sogar Pyramiden!

Klingt bekannt? Ist es auch. Roland Emmerich mochte Mel Gibsons Azteken-Verstümmelung „Apocalypto“ offenbar so sehr, dass er sich die Handlung ausborgt. Von Gibsons rasendem Wahn hat der fröhliche Sindelfinger sich allerdings nicht anstecken lassen, er versucht sich stattdessen in menschenfreundlicher Ethno-Epik. Zu letzterer allerdings fehlt ihm der Atem und das Talent zum Erzählen. Emmerich klatscht alle angeranzten Urzeitfilm-Klischees zusammen, gibt „300“, „Herr der Ringe“ sowie ein gutes Dutzend anderer Filme dazu und formt das Ganze zu einem dämlichen, unlogischen und peinlichen Mischmasch. Die Darsteller (es sind keine Laien!) haben schöne Zähne und zeigen ihre Gefühle durch Heben und Senken der Augenbrauen. Camilla Belle als Evolet stand vor der größten Aufgabe: Weil Frauen schon damals das reinliche Geschlecht waren, kann sie ihr Unvermögen nicht hinter Gesichtsschlamm verbergen.

Wenn alles vorbei ist, bleibt ein nagender Zweifel: Kann es sein, dass Roland Emmerich gar nicht witzig sein wollte? Dass sein Film ganz anders gemeint war, und zwar ernst? Ach, selbst wenn: Es wäre nicht das erste Mal, dass ein großes Werk durch Zufall entsteht. Größe hat dieser Film zweifellos: „10000 B.C.“ ist der hemmungslose Triumph des geballten Stumpfsinns.

In 19 Berliner Kinos; OV im Cinestar Sony Center und im Colosseum.

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