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Die Sprecherin aus "Zero Days".

© Stuxnet Documentary

Kinostart "Zero Days": Der verschwiegene Krieg

Cyberkrieg-Dokumentation "Zero Days": Wer eine Bombe wirft und selbst davon getroffen wird, hat ein Problem. Diese Erfahrung machten die USA mit dem Computerwurm Stuxnet.

Der Cyberkrieg hat längst begonnen. Und obwohl alle Beteiligten das wissen, spricht niemand es aus. Stuxnet ist die nicht zu leugnende Initialzündung dieses Kriegs. Ein 2010 entdeckter Computerwurm, wahrscheinlich geschrieben von CIA, NSA und dem israelischen Geheimdienst. Er sollte die iranische Atomanlage Natans lahmlegen – und tat das in Teilen.

Die Doku „Zero Days“ von Oscar-Preisträger Alex Gibney will Stuxnet nachspüren. Weil sich Offizielle immerzu hinter „top secret“-Verweisen verstecken, stützt sich der Film auf Whistleblower, Sicherheitsexperten und Journalisten.

Was den Gegnern schaden sollte, schadet nun den USA

Stuxnet manipuliert Maschinen so, dass sie sich selbst zerstören, aber melden, alles laufe nach Plan. Er sollte die Ultima Ratio für einen Krieg gegen den Iran sein. Doch Gibneys Whistleblower sagen: Weil Israel nicht auf einen Krieg warten wollte, brachte der Mossad eine eigene, besonders aggressive Version des Programms in Umlauf. Schnell verbreitete sich der Wurm weltweit, auch in den USA, wo das nichtsahnende Heimatschutzministerium Alarm schlug.

Besonders fatal: Mit dem Bekanntwerden von Stuxnet gelang auch sein Code an die Öffentlichkeit. Jeder, der über das Know-How verfügt, kann die Malware nun umbauen und für eigene Zwecke einsetzen. Auch gegen die Amerikaner. Die USA schufen damit eine Gefahr, die ihnen selbst heute gefährlich wird.

Film stellt die richtigen Fragen

Gibney verschleiert die Identität seiner Informanten. Deren gesammelte Aussagen lässt er von einer Schauspielerin nacherzählen, deren Gesicht technisch so verändert wurde, dass sie aussieht wie am Computer animiert. Ansonsten arbeitet er mit den üblichen Mitteln: Gespräche mit Beteiligten werden zügig gegeneinandergeschnitten, dazu historisches Originalmaterial. Geschnitten ist „Zero Days“ wie ein Thriller. Schnelle Wechsel, hier ein Zoom, dort eine Kamerafahrt. Dazu unheimliche Weltuntergangsmusik (Will Bates), die Stuxnet wirken lässt, als hätten die Illuminaten den Computerwurm im Keller mit ordentlich Dampf und Spinnengalle zusammengeköchelt. Da hätte es die häufig eingeblendeten Atompilze gar nicht mehr gebraucht, um die gefährliche Macht von Stuxnet zu visualisieren.

Aber der Film stellt die richtigen Fragen: Wie soll der Cyberkrieg reguliert werden, wenn seine Akteure weiter schweigen? Wo bleiben die Abkommen über diese Art der Kriegsführung, ehe es zum Reden zu spät ist?

Eiszeit, Hackesche Höfe (jeweils OmU)

Julius Heinrichs

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