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Kultur: Klanginstallation: Ich bin der Lärm

Es rauscht leise. Vorsichtig setze ich den ersten Schritt in den Raum zwischen den großen rostigen Stahlplatten.

Es rauscht leise. Vorsichtig setze ich den ersten Schritt in den Raum zwischen den großen rostigen Stahlplatten. "Hier, hier" beginnt mich die Frauenstimme hineinzulocken, und ich wage mich weiter vor, bis es mich plötzlich von hinten anruft: "Hier, hier". Woher kommen die Geräusche? Georg Kleins Klanginstallation "Transition" in Richard Serras Skulptur vor der Philharmonie löst akustische Verwirrung aus. Fast unsichtbar hat Klein Lautsprecher und Lichtsensoren in den Boden eingelassen, mit deren Hilfe der Berliner Komponist die 1988 aufgestellte Skulptur "berlin junction" instrumentiert. Ich beuge mich über einen Sensor, und aus dem Lautsprecher dröhnt eine tiefe Männerstimme, vereinzelt verständliche Wortfetzen hallen metallisch und verlieren sich im Spalt zwischen den geschwungenen Stahlplatten. Es sind Fragmente aus dem Brecht-Gedicht "Der Radwechsel", gelesen von Otto Sander, eine der vier Klangquellen, mit denen Klein arbeitet.

Dazu mischen sich aufgezeichneter Verkehrslärm, computergenerierte Sinustöne und eben das Wort "hier", gesprochen von Angela Winkler. Die Sensoren reagieren auf minimale Lichtveränderungen und Bewegungen im Raum, meist zeitversetzt, und so entzieht sich der Klang einer bewusst gesteuerten unmittelbaren Beeinflussung. Bei längerem Verweilen lässt sich die Interaktion zwischen Hörer und Klang zwar erahnen, sein System gibt der Klangteppich jedoch nicht preis. Ich trete hinaus ins Licht, mein Schatten verdunkelt ein letztes Mal einen Sensor. Vielleicht löst er in einigen Minuten einen Impuls aus, "hier, hier" wird es dann rufen, und vorsichtig wird ein irritierter Passant den ersten Schritt in den Raum zwischen den großen rostigen Stahlplatten setzen.

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