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Kultur: Klassik und glühende Messer

Boris Pergamenschikow hat das 20. Jahrundert zur Ära des Violoncellos ausgerufen.

Boris Pergamenschikow hat das 20. Jahrundert zur Ära des Violoncellos ausgerufen. Die kühnsten und innovativsten Werke will er in einer mehrteiligen Reihe im "Musikforum am Gendarmenmarkt" vorstellen, inspiriert durch Meistercellisten wie Siegfried Palm oder Mstislaw Rostropowitsch, denen der Professor an der Hochschule für Musik an Brillanz und Ausdruckskraft wohl kaum nachsteht. Gleich vier seiner Studenten versammelt er auf dem Podium des kleinen Saals im Schauspielhaus um sich herum, doch diese geben im Andante aus dem "Concertino" von Sergej Prokofjew (in der Rostropowitsch-Bearbeitung) nur die wohlabgestimmte Klangkulisse für den Ton des Meisters ab. Der ist schlicht überwältigend, wie ein heißes Messer durch Butter gezogen, schmelzend und glühend zugleich. Die frühe Sonate für Violoncello und Klavier von Dmitri Schostakowitsch versieht er mit einer Nuancenvielfalt, die jenseits des Klassizismus-Klischees ihre Doppelbödigkeit zwischen romantischer Ironie und brutaler Groteske freilegt. Markus Groh ist der hochpräzise, manchmal fast zu sensible Partner am Klavier. Keine Vorahnung kunst- und menschenfeindlicher Bedrohung klingt in der Sonate Nr. 1 von Nikolai Roslavez an. Ein hochvirtuoses, repertoirewürdiges Werk. Entgegen seinem wogenden Klang- und Figurenreichtum setzen Sofia Gubaidulinas "Sieben Worte" für Violoncello, Bajan und Streicher ganz auf die Emotionseffekte aus karger, beinahe simpler Struktur. Elsbeth Moser entlockt dem russischen Knopfakkordeon Bajan leise aufjaulende Töne, die nach schmerzhaft schrillen Dissonanzen buchstäblich ihr Leben aushauchen. Mit den klagenden Windungen des Cellisten, den Streicher-Antworten von Mitgliedern des Hochschulorchesters ergibt ein überaus plastisches, anrührendes Klanggemälde des "Erlösers am Kreuz".

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