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Rapper Jay-Z unterstützt Obama mit pathetischen Sätzen wie: „Rosa Parks sat so Martin Luther King could walk. Martin Luther King walked so Obama could run. Obama’s running so we all can fly“

© dpa

Knappes Rennen gegen Romney: Rapper und Rocker legen sich für Obama ins Zeug

Jede Stimme zählt: Popmusiker mischen kräftig im US-Wahlkampf mit. Barack Obamas Unterstützerliste ist lang und glamourös, Herausforderer Mitt Romney hat vor allem alternde, weiße Sänger hinter sich.

Er wollte sich diesmal raushalten, nur zuschauen, die Sache aussitzen. Er hat es nicht ausgehalten. Im letzten Moment hat sich Bruce Springsteen doch noch in den US-Wahlkampf eingemischt. Zunächst postete er auf seiner Website „A Message from Bruce“, in der er sich klar hinter Barack Obama stellt. Nach einer kurzen Auflistung von dessen Erfolgen schreibt er: „Für mich ist Präsident Obama die beste Wahl, weil er sicherstellt, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Wir brauchen einen Präsidenten, der eine Vision hat, die nicht nur einige sondern alle unsere Bürger einschließt.“

Ähnlich äußert sich Springsteen, der bereits 2004 und 2008 die für die Demokraten eingetreten ist, anschließend bei einigen Pro-Obama-Auftritten in den Swingstaaten Ohio, Iowa und Virginia. Er redet ein bisschen und spielt dann eine Handvoll Songs, darunter das neue, nicht ganz ernst gemeinte, stets ein wenig abgewandelte Stück „Forward“, das nach dem Kampagnen-Slogan des Präsidenten benannt ist. Der 63-jährige Musiker schrammelt ein paar Country-Akkorde auf der Westerngitarre und reimt Obama auf Alabama, Osama und Marihuana.

Bruce Springsteens Last-Minute-Einsatz ist bezeichnend für das späte und zögerliche Engagement der Pop- und Rockbranche im aktuellen Wahlkampf. Alles läuft wesentlich zurückhaltender ab als während der euphorischen Change-Kampagne, die von zahlreichen Stars unterstützt wurde. Stevie Wonder und Bruce Springsteen spielten damals Swing-State- Konzerte, bei den Parteitagen der Demokraten traten Größen wie Kanye West, Melissa Etheridge und Sheryl Crow auf. Prominente schwarze Musiker wie P. Diddy oder Mary J. Blige riefen zum Wählen auf, genau wie Jay-Z, der unter anderem sagte: „Rosa Parks sat so Martin Luther King could walk. Martin Luther King walked so Obama could run. Obama’s running so we all can fly“ – pathetischer hätten es die Strippenzieher des blauen Lagers auch nicht formulieren können.

Zudem entstanden damals – anders als in diesem Jahr – eine ganze Reihe von Pro- Obama-Songs wie Nas’ „Black President“ oder Cocoa Teas „Barack Obama“. Am bekanntesten wurde „Yes We Can“ von Black Eyed-Peas-Kopf Will.I.am, eine Collage aus Obama-Zitaten gesungen von ihm selber sowie einer Reihe von Celebrities wie Scarlett Johansson, John Legend, Herbie Hancock und Nicole Scherzinger.

Vor allem das Engagement der Rapper trug im November 2008 einiges dazu bei, dass mehr junge Amerikanerinnen und Amerikaner zur Wahl gingen als je zuvor. Obama selbst erwähnte während der Kampagne immer wieder seine Liebe für Hip-Hop und ließ Rap-Songs bei seinen Veranstaltungen laufen. Diese Beziehung kühlte zwischenzeitlich stark ab. So stand auf der offiziellen Liste der Songs, die bei Wahlkampf- Events eingespielt werden, zunächst kein einziges Hip-Hop- Stück. Erst Monate später wurden ein paar Lieder nachgetragen. Andererseits brachten zu Beginn des Wahlkampfes einige Rapper ihre Enttäuschung über Obamas Politik zum Ausdruck. Lupe Fiasco nannte ihn in einem Interview „den größten Terroristen“, Speech von Arrested Development sagte, er sei „desillusioniert“ und P. Diddy formulierte seinen Wunsch nach einer besseren Performance des Präsidenten.

Inzwischen sind solche Stimmen verstummt. Zu abschreckend ist offenbar die Vorstellung, dass Mitt Romney ins Weiße Haus einziehen könnte. Seit sich ein enges Rennen zwischen den Kandidaten abzeichnet, legen sich viele liberal eingestellte Popstars wieder für Obama ins Zeug. Jon Bon Jovi, Jennifer Hudson und Stevie Wonder traten für ihn auf. Auch Katy Perry („I Kissed A Girl“) sang kürzlich für ihn und hatte sich einen besonderen Gag ausgedacht: Sie trug ein hautenges weißes Minikleid, das wie ein Stimmzettel bedruckt war – natürlich mit einem ausgefüllten Kästchen neben dem Eintrag Obama/Biden.

40 000 Dollar für eine Party mit dem Präsidenten: Jay-Z und Beyoncé sind Obamas Muster-Wahlkämpfer

Als Muster-Wahlkämpfer zeigte sich ein weiteres Mal Hip-Hop-Mogul Jay-Z, dessen Auftreten in den letzten Jahren ohnehin immer staatsmännischer wird: In einem Video der Obama-Kampagne tritt er mit weißem Hemd und schwarzem Schlips vor die Kamera und spricht von der „Kraft unserer Stimme“. Dazu laufen Bilder von Schwarzen, die sich in Listen eintragen, Plakate halten und jubeln. Aufsehenerregender war allerdings die Fundraising-Party, die Jay-Z gemeinsam mit seiner Frau Beyoncé in seinem New Yorker 40/40 Club für rund 100 Gäste gab. Wer dabei sein wollte, zahlte 40 000 Dollar. Barack Obama schaute selbst kurz vorbei und ließ sich im Gespräch mit den beiden Gastgebern ablichten. Das sorgfältig inszenierte Foto wirkte sehr stilvoll und ging um die Welt – in Sachen Glamour macht Obama so schnell kein Politiker etwas vor.

Ginge es bei der Wahl darum, wer die meisten und coolsten Popstars auf seiner Seite hat, müsste sich der Präsident keine Sorgen um seine zweite Amtszeit machen. Mitt Romney kann auf diesem Gebiet nicht annähernd mithalten. Für den Gouverneur von Massachusetts treten fast ausschließlich männliche, weiße und meist schon etwas abgetakelte Rock- und Countrymusiker ein, darunter Alice Cooper, Aerosmith-Gitarrist Joe Perry, Lynyrd Skynyrd-Frontmann Johnny Van Zant und Hank Williams Jr.. Letzterer machte seinem Vater keine Ehre als er sagte: „Wir haben einen muslimischen Präsidenten, der Bauern hasst, das Militär hasst, die USA hasst – und wir hassen ihn“.

Zu den aktivsten Romney-Unterstützern zählt der 41-jährige Kid Rock, einst Kurzzeit-Ehemann von Pamela Anderson. Er war bei dessen Nominierungsparteitag mit von der Partie und wird auch bei der Abschlusskundgebung am Montag auftreten. In seinen Statements für den Republikaner betont der Musiker aus Detroit stets, wie stolz er darauf ist, dass die USA mit Obama ihren ersten schwarzen Präsidenten gewählt haben. „Ich wünschte nur, er hätte einen besseren Job gemacht“. So singt der blonde Hütchenträger begleitet von seiner Band auf Republikaner-Events immer wieder sein Stück „Born Free“ und steigt dabei schon mal auf das über und über mit Romney-Stickern beklebte Piano.

Den ersten Preis für den skurrilsten Auftritt zugunsten der Konservativen dürfte jedoch Meat Loaf gewinnen – noch vor Clint Eastwood mit seiner „Empty Chair Speech“. Der mittlerweile 65-jährige Sänger („I Would Do Anything For Love“) trat letzte Woche bei einer Wahlkampf-Show im Football-Stadion von Defiance, Ohio auf. In einer erratischen Rede sprach er von Stürmen, die sich über Amerika, Asien und Europa zusammenbrauten und nur von Gouverneur Romney gestoppt werden könnten. Später gesellte er sich zu seinen Country-Kollegen Big & Rich und Alabama-Frontmann Randy Owen, die „America The Beautiful“ sangen. Gegen Ende des Stücks kreischte Meat Loaf vollkommen schief einige Zeilen mit. Ekstatisch beugte er sich nach vorn, um anschließend die linke Schulter des neben ihm stehenden Mitt Romney zu umklammern. Der versuchte breit lächelnd die Fassung zu bewahren. Es war einer der überraschendsten Momente dieses wenig begeisternden Wahljahres. Falls Romney siegt, sollte er unbedingt Meat Loaf auf seiner Party singen lassen. Da hätten dann selbst Demokraten was zu lachen.

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