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Kultur: Knatternde Doppeldecker

WELTMUSIK

Wie das Besteckset eines Zahnarztes sehen die Utensilien aus, die der Gitarrist Sharif Sehnaoui verwendet. Mit Metallstangen, Plastikschienen, Drähten und Bändern bearbeitet er die auf seinen Knien liegende E-Gitarre, streicht und sägt an den Saiten, klöppelt aufs Korpus, zerrt und reißt daran. Unklar ist aber, ob die perkussiven Geräusche von ihm kommen, von Franz Hautzinger, der mit seiner Trompete unbeweglich neben ihm steht oder vom ebenso unbeweglichen Helge Hinteregger am Keyboard. Überhaupt fragt man sich, von wem hier was ausgeht, welcher Effekt auf diesem Konzert des transonic -Festivals (bis zum 28. Januar) für neue Musik aus welchem Instrument kommt.

Allein Mazen Kerbajs Improvisationen auf der Trompete sind unverkennbar. Mal spielt er sein Instrument ohne Mundstück, mal mit einem Saxophonmundstück, was sich dann anhört wie ein knatternder Doppeldecker. Die Gruppe spielt im Haus der Kulturen der Welt eine Musik ohne Rhythmus, Harmonien, Melodien. Geräusche und Geräuschcluster produziert sie und erschaffen auf diese Weise Klanglandschaften in denen man Naturgeräusche zu hören meint, Steppenrauschen, dann plötzlich Tiere, Gurren, Schnattern, darauf ein Umkreisen und schließlich ein Kampf, Fauchen und Beißen.

Kein einziges Mal schauen die Musiker ins Publikum, nicht ein Mal verständigen sie sich mit Blicken untereinander, es ist reinstes blindes Verstehen. Eine selten innige Liaison, und das zwischen Libanon und Österreich. Und für den Hörer: Assoziationen ohne Ende.

Tobias Lehmkuhl

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