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Kultur: Knuddelmacho

Jörg Schüttauf als „Tagträumer“ im Theater

Wenn sich der Boulevard an Sozialdramatik versucht, geht das in der Regel schief. Bei William Mastrosimones Stück „Tagträumer“ – einem Gastspiel der Neuen Schaubühne München im Theater am Kurfürstendamm – haben wir es mit der Ausnahme zu tun. Zwar sieht auch hier das Leben an der Armutsgrenze ziemlich gemütlich aus: Der Wille eines schlecht verdienenden Truckers zum One-Night-

Stand mit einer weltfremden Pennymarkt-Verkäuferin bricht sich zwischen adrett zusammengewürfelten Sofakissen und charmant ramponierten Flohmarktschränkchen Bahn (Bühne: Mark Späth). Und zwar will man uns auch hier weismachen, dass nur der Richtige – in diesem Fall ein cowboybestiefelter Knuddelmacho – durch die Kammertür treten muss, damit wir auf einen Schlag unsere jahrelang gehegten Neurosen und gepflegten Traumata los werden. Aber trotzdem: der zwanzig Jahre alte Off-Broadway-Hit hat noch immer Witz und Charme.

Und die Regisseurin Karin Boyd hat beides zielsicher in Szene gesetzt. Der Trucker, der sofort aufrichtig bereut, ausgerechnet diese Frau zum Quickie auserkoren zu haben, weil er jetzt in deren Dachkammer festsitzt und auf einen Schlag so viel reden muss wie in seinem ganzen Leben noch nicht, ist für Jörg Schüttauf eine boulevardeske Paraderolle. Es ist charmant anzusehen, wie der „Tatort“-Star aus lauter Not einen Niedrig-Niveau-Witz nach dem anderen macht und dabei an der außerhalb jedes Durchschnitts tickenden Frau (ebenbürtig: Susann Uplegger) zusehends Interesse gewinnt. Der fehlen nämlich jegliche Ironie-Antennen, weshalb noch der sicherste Rausschmeißer-Kalauer wunderbar an ihr abprallt.

Theater am Kurfürstendamm, bis 21. Mai, Di bis Sa 20, So 18 Uhr.

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