zum Hauptinhalt
„Best Never Rest“. Der englische Motivationsslogans der deutschen Nationalmannschaft klingt nach gesundem Livestyle.

© Ina Fassbender/dpa

Kolumne "Spiegelstrich": Müssen wir wirklich messengern und slacken?

Die Telekom wirbt mit „Call & Surf", die Deutsche Bahn für „Touch & Travel“. Im Ernst? Über den Irrsinn englischer Begriffe im Unternehmens- und Werbesprech.

Im Ortskern aller deutschen Dörfer, die lieber New York wären, findet sich der angelsächsische Apostroph: „Natascha’s Nails“, „Birgit’s Bratwürste“. Oft ist’s verspottet worden, doch wir spotten nicht mit, denn auch ein fehlplatzierter Apostroph kann immerhin heimatliche Gefühle wecken.

Gefährlicher sind Satzbau und Wörter, vor allem verdummende wie „And I was, like: ...“, welche selbst durch den Anschein einer Übersetzung („Und ich so …“) nicht zu Deutsch werden. Polieren und erfinden wir also bitte unsere Wundersprache immer wieder neu. Und darum Glückwunsch: „Respektrente“ ist das Wort des Jahres, vor „Rollerchaos“; erst auf Platz 3 liegt „Fridays for Future“.

Ein Hamburger Verlag, der gern die „New York Times“ wäre, kündigt seinen Angestellten in trumpschen Versalien im Fahrstuhl ein „UPDATE“ und einen „CAMPUS KICK-OFF“ an, sodann den Programmpunkt „TEAM-MIXER“ und einen „WORKSHOP“ namens „USER JOURNEY MAPPING“. Ich hatte mir eigentlich Zurückhaltung befohlen, falls es hier um eben jenen Verlag zu gehen hätte – aber ein wenig Mühe sollte sich die Anstalt (interner Kosename) doch geben.

Die Amerikaner übrigens klauen ihrerseits unsere Umlaute und treiben damit Schabernack. Der „New Yorker“ setzt die süßen Pünktchen ein, um bei aufeinander folgenden Vokalen die Betonung anzuzeigen: „preëmptive reëlection“.

Umlaute gelten in den USA als europäisch tiefsinnig: Häagen-Dazs ist amerikanisch und soll nach skandinavisch ewigem Eis klingen. In 500 Jahren, das sagen Linguisten voraus, werden Umlaute aus der deutschen Sprache verschwunden sein, wie auch die Großschreibung. Mit ihrer Kleinschreibung sind die Amerikaner wieder mal ein halbes Jahrtausend flotter als wir.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zurück zum Thema: Ein bodybag ist weder Rucksack noch Schultertasche, ein bodybag transportiert eine Leiche. Müssen wir messengern? Slacken?

Der Verein Deutsche Sprache kürt regelmäßig die „Sprachpanscher des Jahres“, diesmal ging es seltsamerweise um das Geschlecht der Sprache. Es siegte Hannovers einstiger Oberbürgermeister Stefan Schostok, weil er seiner Stadt die Wörter „Radfahrende“, „Redepult“ und „Lehrende“ vorschreiben wollte. In der Vergangenheit ging es stets um englisch-lässiges Kinderdeutsch.

2018 gewann der DFB: „Best Never Rest“ hieß das Abenteuer Fußball-WM in Russland, das mit diesem Namen nur schiefgehen konnte. 2017 siegte die Evangelische Kirche mit ihren „Moments of Blessing“, zu welchen ein göttliches Erlebnis namens „BlessU-2“ gehörte, wobei ich dem sinnfreiesten aller Bindestriche seinen Moment des Ruhms gönne.

Tagesspiegel-Kolumnist Klaus Brinkbäumer.
Tagesspiegel-Kolumnist Klaus Brinkbäumer.

© Tobias Everke

[Sie erreichen ihn unter Klaus.Brinkbaeumer@extern.tagesspiegel.de oder auf Twitter unter @Brinkbaeumer]

Mein Lieblingssieger war ohnehin die Telekom, die 2011 die Konkurrenz überrollte: „Extreme Playgrounds“, „Entertain Comfort“, „Call&Surf", „Mobile Friends", „CombiCard Teens", was für ein moderner Konzern. Ich schätze in diesem Zusammenhang und nur in diesem auch die Bahn, die „Touch & Travel“ erfunden hat. Fummeln & reisen? Und ich so: really?

Unser amerikanisiertes Deutsch beschäftigt auch die Leserinnen und Leser. Susan Brown-Clark schreibt mir aus Kanada, dass ich neulich den „slip“ falsch gedeutet hätte, denn der habe im englischen Ursprung sehr wohl mit Wäsche zu tun, sei nämlich ein Unterrock aus Nylon.

Alfred Tobergte beklagt aus Rheine, dass die Katholische Universität Eichstätt ein „Research Institute for Taxation“ gegründet habe. Jochen Proehl fügt aus Lübeck hinzu, dass nach der Konjunktion „weil“ die deutsche Grammatik den untergeordneten Nebensatz vorsehe. Und eben nicht: „Ich schreibe diese E-Mail, weil ich möchte etwas mitteilen.“ So wäre der Satzbau lediglich nach „because“ gelungen… weil „because“ ist Englisch und kein Deutsch.
Korrektur: In der ersten Fassung dieses Textes hieß der angelsächsische Apostroph noch „das angelsächsische Apostroph“, er ist aber maskulin und will das auch bleiben. 

Klaus Brinkbäumer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false