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Kultur: Komm ein bisschen mit

Wunderstimme des Wirtschaftswunders: Caterina Valente wird 75

Das Schwere scheint ihr leicht zu fallen: eine Kunst, die ihr keiner so schnell nachmacht. Von ihren Musikern bekam Caterina Valente den Spitznamen „First Take Lady“. Sie musste sich im Studio nicht mühsam in Form bringen, bei ihr war oft schon die erste Aufnahme, der First Take, perfekt. Sie sang „Ganz Paris träumt von der Liebe / Denn dort ist sie ja zuhaus’“, strahlend erhob sich ihre Stimme aus dem Geigen-Crescendo. „Komm ein bisschen mit nach Italien / Und wir tun, als ob das Leben eine schöne Reise wär’“, forderte sie zu übermütig schnatternden Flöten. Und sie verkündete: „Ich weiß wie man küsst beim Peppermint Twist“, das Saxophon röhrte wie bei Chubby Checker.

Die Valente erzählte von der großen weiten Welt, für die Wirtschaftswunderdeutschen, die sich nach der Sonne sehnten und im Opel Olympia, VW Käfer und Goggomobil ins Arkadien von Rimini oder Como aufbrachen, wurde sie zur idealen Reiseführerin. In der Welt kennt sie sich aus, am 14. Januar 1931 – heute vor 75 Jahren – kam sie in Paris zur Welt, als Artistenkind in siebter Generation. Ihr Vater, ein Spanier, war als Akkordeonist ein Varieté-Star, ihre Mutter, eine Italienerin, wurde als einer der weltweit besten Clowns gefeiert. Die Tochter trat schon als Fünfjährige mit ihren Geschwistern im Familiensextett auf, sie tanzte, sang, jonglierte, blödelte, bis sie nach dem Krieg ihre Liebe zum Jazz entdeckte.1954 produzierte Kurt Edelhagen, der legendäre Orchesterchef des Baden-Badener Südwestfunks, ihre erste Aufnahme. Drei Jahre später, nach Hits wie „Wo meine Sonne scheint“ und „Spiel noch einmal für mich Habanero“, hatte sie mehr als sieben Millionen Platten verkauft. Eine Wunderkarriere in Wunderjahren.

Vom Jazz allerdings wollten die Deutschen der Adenauer-Ära wenig wissen. Sie vereinnahmten die Valente als „Katrin“ und sahen sie am liebsten in albernen Revuefilmen, die „Liebe, Tanz und 1000 Schlager“ oder „Bonjour – Katrin“ hießen. Manche Zeilen – „Nimm dich in Acht vor der Damenwelt in Chile / Und zeig ihr nicht deine Gefühle“ – sind der Sängerin inzwischen peinlich. „Hast du das wirklich gesungen?, denke ich heute“, sagte sie vor drei Jahren in einem Interview. „Wenigstens habe ich es gut gesungen.“

Besser noch sang Valente in Amerika, wo sie mit Latin-Schlagern wie „Malaguena“ und „The Breeze and I“ zum Star aufstieg. Sie sang im ausverkauften „Desert Inn“ in Las Vegas, hatte jahrelang eine eigene Fernsehshow, arbeitete mit Bossa-Nova-Erfinder Antonio Carlos Jobim, selbst Jerry Lewis parodierte das „Malaguena-Girl“. Der mondäne Swing ihrer amerikanischen Platten wurde in Deutschland lange ignoriert, bis ihr erstes New Yorker Album aus dem Jahr 1957 vor vier Jahren hierzulande doch noch einen späten Triumph feierte. Zum 75. Geburtstag erscheinen nun vier CDs, die Valente italienisch, spanisch, französisch, deutsch singend auf der Höhe ihrer Kunst präsentieren (Die Telefunken-Jahre 1959–1974, Warner) . Seit dem Tod ihres Bruders Silvio Francesco im Jahr 2000 hat sich Caterina Valente aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Angebote, an Dokumentarfilmen mitzuwirken, lehnte sie genauso ab wie eine Anfrage des Trompeters Till Brönner, der eine Platte mit ihr produzieren wollte. „Ich habe erreicht, was ich erreichen wollte“, sagt sie. „Deshalb habe ich aufgehört.“

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