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Kommentar: Fahrschule für Politiker

Man hätte sich einen besseren "Sommerskandal" vorstellen können als den um Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Eine Spritztour von Caroline Fetscher.

Von Caroline Fetscher

Still und leise brüten die Bad Banks in der Sommerhitze auf ihren faulen Eiern aus Unwertpapieren, sachte summend machen die Good Banks inzwischen wieder Rendite. In Schleswig-Holstein sagen manche, sie hätten das mit der ein oder andern Bonuszahlung nie so gemeint, aber nicht mal solche Geschichten bewegen im Moment besonders viele. Auf heißen Schrottplätzen krabbeln die Ameisen auf Stapeln von Abwrackprämienwracks umher. Kurz, nichts passiert. Rein gar nichts.

Bis ein spanischer Dieb dem schlafenden Chauffeur einer deutschen Ministerin die Schlüssel zu deren Dienstwagen stiehlt. Man hätte sich einen besseren Sommerskandal vorstellen können. Spannender als Ministerin Ulla S. verlor zum Beispiel vor ein paar Jahren der albanische Minister für Transport und öffentliche Ordnung seinen Dienstwagen. Spartak Poci war auf dem Weg zu seinem griechischen Amtskollegen Michalis Chrysohoidis, um über schärfere Grenzkontrollen und den Kampf gegen albanisch-griechischen Schmuggel zu verhandeln. An der Grenze kontrollierten griechische Zöllner den prächtigen schwarzen Wagen des Spartak Poci. Da musste Poci aussteigen und den ganzen Mercedes S-350 auf Nimmerwiedersehen dort lassen. Er wurde beschlagnahmt, denn der Zoll hatte ihn als Diebesgut erkannt, bei Interpol registriert und unlängst von Italien verkauft nach Albanien. Spartak Poci war aber nicht böse, die Griechen liehen ihm gleich eine von ihren Staatskarossen.

Auch Leonid Breschnew sorgte für eine gute Dienstwagengeschichte. 1973 schenkte Willy Brandt dem sowjetischen Staatsbesuch einen nagelneuen Mercedes-Sportwagen. Kaum war er ein paar Meter gefahren, glitt der Wagen auf dem Petersberg in den Graben und seine Ölwanne schlug leck, ein spektakulärer Fall von Selbstsabotage des Kreml.

Also, es gibt schon schönere Geschichten, aber man nimmt, was man kriegt, die Kombination aus Urlaub, Süden und Autoklau kommt immer an. Und vielleicht wäre auch etwas mehr Verständnis für Politiker und ihre Gewohnheiten angebracht. Christina Weiss, die frühere Kulturstaatsministerin, wusste folgende Autogeschichte zu berichten: Als sie nicht mehr im Amt war und auch keinen Dienstwagen mehr hatte, stieg sie einmal hinten ein. Und wunderte sich, dass der Wagen nicht losfuhr. Kein Chauffeur ist auch eine Wegfahrsperre.

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