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Voller Körpereinsatz. Katharina Thalbach als Theaterdirektor Emanuel Striese in der von ihr inszenierten Boulevardkomödie.

© Eventpress Hoensch

Komödie am Ku’damm: Der macht mich noch ganz bleede!

Katharina Thalbach verkörpert Emanuel Striese in dem unverwüstlichen Schwank "Der Raub der Sabinerinnen" in der Komödie am Ku’damm. Eine Rolle, wie gemacht für das Theatertier Thalbach.

Er ist klein, und doch ganz groß. Direktor eines Schmierentheaters ist er, aber – „Mein Herr, wissen Sie überhaupt, was eine Schmiere ist? Das ist ein Plätzchen, wo auf wenigen Quadratmetern mehr Hingebung verlangt und gegeben wird, als Sie es sich in ihrem bürgerlichen Hochmut vorstellen können!“ Die kleine Kunstform – Katharina Thalbach verkörpert sie als Emanuel Striese in dem unverwüstlichen Schwank „Der Raub der Sabinerinnen“ mit jedem Atemzug ihres röhrenden Timbres und ihres Fatsuit-gepolsterten Körpers. Eine Rolle, wie gemacht für das Theatertier Thalbach. 2003 hat sie das Stück in Rostock inszeniert, 2006 war es in Potsdam zu sehen, jetzt kommt die Inszenierung in neuer Besetzung an die Komödie am Kurfürstendamm.

Und die Thalbach ist der Mittelpunkt. Dass sie den Striese sächseln lässt („Sind Sie fert’sch? Der macht mich noch ganz bleede!“) ist vielleicht ein etwas billiger, auf schnelle Lacher schielender Effekt. Aber wie empathisch ist er gespielt, wie anrührend! Dieser Striese kennt sein Metier genau, er ist pathetisch und doch völlig bodenständig, eine ehrliche Haut, die weiß, dass nicht jeder am Burgtheater arbeiten kann, auch wenn er selbst als junger Mann davon geträumt hat. Große, riesige Augen stecken in diesem kleinen Körper, Augen, in denen es funkelt und blitzt und aus denen beinahe Tränen auf den Wilhelm-Zwo-Schnäuzer laufen, als Striese schließlich erfährt, dass er endlich ein festes Haus leiten kann.

Das Haus des Professor Gollwitz, in dem das Stück spielt, ist auch wieder da: Ein perfekter – aber völlig ironiefreier – Traum eines klassischen bürgerlichen Interieurs inklusive Zimmerpalme, Grammophon, Chaiselongue und Goethe-Büste. Im Hintergrund krächzt der unglückselige Kakadu, der im weiteren Verlauf noch eine stückentscheidende Rolle spielen wird. Als Running Gag setzen sich ständig Personen in einen Sessel mit nur drei Beinen: Dezenter Hinweis darauf, dass das Eheglück des Professors auf wackeligen Füßen steht. Denn seine Frau darf nicht von der „Römerkomödie“ erfahren, dieser Jugendsünde, die er als Schüler geschrieben hat und die Striese jetzt prompt aufführen lässt.

Fantastisch Andreja Schneider, bekannt von den Geschwister Pfistern, als herrische Ehefrau Friederike, die das Schlachtfeld dieser Wohnung überblickt wie eine Generalin und mit ihrer Tochter Marianne (Nadine Schori) am Ende besoffen schnaubt wie ein sterbender Dinosaurier. Markus Völlenklees Professor Gollwitz ist ein wackeliger, verzuselter Pantoffelheld, Richard Barenberg ein zackiger Neumeister. Tobias Schulze spielt Emil Sterneck mit Latin-Lover-Charme, Swantje Henke das Dienstmädchen Rosa als Grinsekuchen, Siegfried Kadow wirkt als schneidiger Karl Gross wie der einzige Normalgebliebene in diesem Chaos.

Anna Thalbachs Paula Gollwitz ist eine babyäugige Göre mit einer Reibeisenstimme, die der ihrer Mutter in nichts nachsteht. Es ist der Abend der Katharina Thalbach, und sie spielt ihn mit einer Hingabe, die keinen Unterschied zwischen Schmieren- und Burgtheater kennt.

bis 19.6., Mo-Sa 20 Uhr, So 18 Uhr

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