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Szene aus "Gott verhüte".

© Maja Lesar/Neue Visionen/dpa

Kondom-Komödie "Gott verhüte": Ihr Kinderlein, kommet

Kroatisch, katholisch, balkanisch – und böse: Vinko Brešans Kondom-Komödie „Gott verhüte“.

So knallblau hat man die Adria und den Himmel darüber selten gesehen. Was für ein idyllisches Hafenstädtchen, was für ein wunderhübsches Inselchen vor der dalmatinischen Küste mit den pittoresken Häusern und den noch pittoreskeren Bewohnern! Bei so viel surrealer Harmonie kann etwas nicht stimmen, denkt sich der junge Priester Fabian (Krešimir Miki), ein Neuling auf der Insel. Während der alte Pfarrer als Leiter des Kinderchors und Mittelstürmer beim Seniorenfußball seine lokale Beliebtheit steigert, wundert sich Fabian über die hohe Sterblichkeitsrate des Orts. 22 Todesfälle und keine einzige Geburt seit seiner Ankunft, das ist doch kein Zufall!

Als der Kioskbesitzer Petar (Nikša Butijer), getrieben von seiner erzfrommen Frau, ihm im Beichtstuhl vom blühenden Kondomverkauf berichtet, hat Fabian eine Idee. In nächtlicher Akkordarbeit (und bald schon mit der Nähmaschine) durchlöchert er mit Petar die originalverpackten Gummis und überzeugt den im Balkankrieg schwer traumatisierten Apotheker (Dražen Kühn) auch noch davon, statt Antibabypillen Vitamintabletten zu verkaufen. Prompt steigt die Geburtenrate um 70 Prozent. Die Folgen des Babybooms: Vaterschafts-Testreihen, mehr oder weniger freiwillige Eheschließungen, blühender Fruchtbarkeitstourismus, Araber und Chinesen, die Immobilien kaufen, kurz, das reine Chaos.

In Kroatien ist die Kondom-Komödie "Gott verhüte" ein Kassenschlager geworden. Kein Wunder, denn Regisseur Vinko Brešan mischt den Sarkasmus der guten alten Balkankomödie mit dem Typenkabinett der Commedia dell'arte und mit feinem Spott über die Bigotterie des Katholizismus. Eben weil Fabian und seine Komplizen den zügellosen Sex beseitigen wollen, befassen sie sich mit nichts anderem mehr. Da werden kleine, gerippte und XXL-Kondome inspiziert, legale und illegale Sexualpraktiken durchdekliniert und Beziehungsdiagramme zum Lotterleben diverser Bewohner erstellt. Und alle, einschließlich der Kamera, schmachten das Trompetenmädchen an, das bei den Beerdigungen so traurig-schöne Melodien bläst.

Hinzu kommt eine lakonische Bildsprache. Mit statischen Einstellungen, abrupten Schnitten, drastischen Stimmungswechseln und künstlichen Settings reagiert der Film gleichsam selber konsterniert auf das Geschehen, das er in Szene setzt. Am Ende ist "Gott verhüte" weit mehr als eine gewitzte kroatische Volkskomödie, klüger, abgründiger, böser. Das Leben, sagt Regisseur Brešan, hat kein festes Genre, also lässt er die Story auf den letzten Metern ins Drama kippen. Der Genre-Missbrauch hat etwas mit dem alten Pfarrer zu tun (der auf dem Festland zum Weihbischof avanciert), mit dem Kinderchor, dem Trompetenmädchen und dem Originaltitel "Die Kinder des Priesters". Da kann einem das Lachen nur gründlich vergehen. Und den katholischen Glaubensbrüdern hilft dann auch das Beichtgeheimnis nicht mehr.

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