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Angst und Liebe. Konstantin Gropper wurde 1982 in Biberach geboren. 2008 erschein sein Debüt, am Freitag kommt sein neues Album "The Horror".

© Britta Pedersen/dpa

Konstantin Gropper alias Get Well Soon: „Ich will ein Unbehagen“

Mit "The Horror" erscheint das fünfte Album von Get-Well-Soon-Musiker Konstantin Gropper. Ein Gespräch über Alpträume, Frank Sinatra und die Wirkmacht von Pop.

Herr Gropper, Ihr neues Album „The Horror“ ist – wie so oft bei Ihnen – erneut ein Konzeptalbum geworden. Steht das Thema von Beginn an fest oder entwickelt es sich erst beim Schreiben der Songs?

Am Anfang steht schon die Idee. Eigentlich ist das auch gar keine freiwillige Entscheidung, immer wieder ein Konzeptalbum zu machen. Anders wüsste ich einfach gar nicht, wie ich anfangen soll. Wenn ich mir sag: ,So, jetzt mache ich ein Album’, dann ist die erste Frage: ,Worum geht's?’ Danach kommt die Recherchearbeit, die mir hilft, zum Album zu finden.

Diesmal also „The Horror". Gleich drei Songs auf dem Album heißen „Nightmare“ – Alptraum. Sind die Songs Ergebnisse der Recherche oder persönliche Erfahrungen?

Das sind, zumindest im Kern, meine echten Alpträume. Ich habe sie ein bisschen ausgeschmückt und aktualisiert. Das Thema ist Angst, und ich wollte eh’ schon lange etwas mit Träumen machen. Alpträume sind ein Inspirationsgeschenk des Unterbewusstseins.

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Haben Sie dafür tatsächlich einen Schreibblock auf dem Nachttisch liegen?

Leider nicht, ich nehme es mir vor und mache es doch nie. Deswegen war die Auswahl auch sehr klein. Drei sind jetzt auf dem Album, das waren die spektakulärsten. Dabei könnte ich sowieso nur fünf Träume erzählen, an die ich mich wirklich erinnern kann. Ich bin neidisch auf die Leute, die jeden Morgen aufwachen und dir berichten können, was sie geträumt haben. Das gibt es bei mir zweimal im Jahr.

Was sind Dinge, die Ihnen Angst machen?

Natürlich gibt es da Krankheiten und der Tod von Menschen, die ich liebe. Aber auf dem Album geht es ja eher um die gesellschaftliche Tendenz, dass Menschen aus Angst dumme Entscheidungen treffen, was wiederum anderen Angst macht. Es entwickelt sich gerade eine Spirale der Angst, das ist ein spürbares Phänomen.

Hat Ihnen die Arbeit am Album geholfen, Ihre eigenen Ängste besser zu verstehen?

Ja, mit Sicherheit. Ein Album zu schreiben – sei es über die Angst oder die Liebe – ist immer ein therapeutischer Vorgang. Man muss dabei ehrlich und offen zu sich selbst sein. Auch wenn ich viel Recherche betreibe, ist der nächste Schritt, dass ich alles auf mich selbst beziehe und eine Haltung entwickele.

Wie sieht der Rechercheprozess denn aus? Gehen Sie da richtig in Bibliotheken?

Ja, tatsächlich. In Bibliotheken, oder ich kaufe Bücher, Filme, Bilder, natürlich andere Musik. Ich entwickle einen Fundus, den ich dann filtere. Das ist eigentlich wie eine Hausarbeit schreiben.

Wenn Sie derart in Ängste und Abgründe hinabsteigen: Was macht das mit Ihnen? Auch im Vergleich mit dem Vorgängeralbum, „Liebe“.

Ich habe ja bei dem ,Liebe’-Album auch nicht die romantischen Aspekte besungen, sondern eher die schwierigen. Wenn ich sage, dass es ein therapeutischer Vorgang ist, dann geht es auch darum, die negativen Dinge zu veräußerlichen. Das hält mich als Mensch vielleicht etwas umgänglicher.

Aber droht man nicht, sich in so einem düsteren Thema zu verlieren?

Wenn ich an etwas arbeite, dann bin ich da sehr drin. Das hat mit dem Thema nichts zu tun. Da kann ich mich schlecht auf andere Dinge konzentrieren. Das nervt mein direktes Umfeld wahrscheinlich auch.

Welche musikalischen Bezugspunkte sind auf „The Horror“ zu hören?

Der ganz große Fixpunkt ist Frank Sinatra. Speziell seine Alben aus den fünfziger Jahren, die nicht so bigband- und swingmäßig sind, sondern sehr ruhig. Das waren einige der ersten Konzeptalben, die es überhaupt gab. Filmmusik aus dieser Zeit spielt ebenfalls mit rein, Hitchcock-Soundtracks von Bernhard Herrmann zum Beispiel. Ich habe auch viel amerikanische Klassik aus dem 20. Jahrhundert gehört. Das eine erinnert mich eben an das andere.

Welche Emotionen soll „The Horror“ wecken?

Die Stimmung, die ich erzeugen will, ist keine wahnsinnig düstere, sondern eine, die eine bröckelige Idylle herstellt. Zwischen den Zeilen wird klar: Irgendwas stimmt hier nicht. So ein gewisses Unbehagen soll sich einstellen.

Was kann Musik erreichen in einer Zeit, in der vieles brüchig wird?

Das ist eine Frage, die ich mir auch stelle. Musik ist nun mal einfach mein Medium, mit dem ich mich ausdrücken darf, muss und kann. Ich habe keine Agenda, und das sind ja auch keine Protestsongs. Aber es geht schon drum, halbwegs Sinn aus dem zu machen, was gerade passiert.

Ihr Debüt haben Sie noch komplett selbst eingespielt. Wie viel von „The Horror" stammt von Ihnen?

Noch nie habe ich so wenig selbst gespielt wie hier. Das liegt an der klassischen Instrumentierung. Da das alles Instrumente sind, die ich nicht oder schlecht spiele, fand ich es schön, mich zurückzulehnen und spielen zu lassen. Deswegen ist es viel besser gespielt als alle anderen Alben.

Haben Sie Angst, sich zu wiederholen?

Musikalisch ist meine Wiederholungsangst ausgeprägt, ja. Auch geschmacklich bin ich eher genervt von Bands, die nach dem dritten Album immer noch gleich klingen. Da verliere ich das Interesse.

Gibt es einen Teil Ihrer Arbeit, den Sie besonders mögen?

Das hat alles sein Für und Wider. Die Recherchearbeit macht Spaß, das zusammenzubauen auch. Die Kehrseite ist, dass diese Arbeit eine einsame ist, zumindest bei mir. Ich bin nicht der selbstbewussteste Mensch, ich muss ständig alles hinterfragen. Da passiert es oft, dass ich denke, alles sei Scheiße. Dann ist das Album fertig, und ich schicke es an meine Freunde und Co-Musiker. Das ist der nächste Angstpunkt. Aber ich will nicht klagen: Musiker ist ein schöner Beruf.

Das Gespräch führte Simon Rayß.

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